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„Alles neu im Kiez“: Penny installiert sich ein Mini-Discount-Update

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Um auf dem neusten Stand zu bleiben, müssen auch Discounter von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Die beiden größten haben in den vergangenen Monaten ziemlich fette Updates erhalten: In Neubauten läuft Lidl inzwischen mit viel größeren Windows, und die Konkurrenz aus Mülheim und Essen schafft sich derzeit zwei komplett überarbeitete Aldroid-Versionen drauf. Nur Penny ruckelte immer noch mit dem in die Jahre gekommenen Betriebssystem von 2012 durch die Gegend.

Damals war PennyOS eine Rieseninnovation (siehe Supermarktblog); sechs Jahre später ist es nun aber höchste Zeit für ein paar Fehlerbehebungen und Leistungsoptimierungen.

Die Beta-Version funktionierte bereits einige Zeit recht stabil in Neueröffnungen (zum Beispiel diesem Penny XXL in Berlin). Derzeit scheint die endgültige Variante auf sämtliche Märkte verteilt zu werden. Ein bisschen oberflächliche Kosmetik ist dabei. Es gibt aber auch ein paar praktische neue Features für regelmäßige Anwender, denen Penny freundlicherweise einen Hinweis in den Besuch einblendet:

„Alles neu im Kiez! Wir haben renoviert! Freuen Sie sich auf noch mehr Auswahl in Ihrem PENNY Markt.“

„Mehr Frische“, „Mehr Auswahl“ und mehr Mehrweg (durch eine erweitertes Regionalbier-Sortiment) sollen PennyOS helfen, im Wettstreit der Discounter-Betriebssysteme Marktanteile zu sichern.

Für Aufwärmer

Analog zum „penny to go“-Angebot in der Obst- und Gemüseabteilung ist das „heat & eat“-Eigenmarkenfertigessen jetzt ebenfalls in eine eigene Kühlbox verräumt und hat ein „Schnelle Küche“-Stirnband umgespannt bekommen.

Auch die übrige Kühlabteilung durfte sich nach ihrer arg allgemeinen „Milch, Joghurt & Co.“-Phase leicht ausdifferenzieren  und trägt nun separate Sortimentshinweise über den Regalen.

Für Bedienthekenvermisser

Wer vom Supermarkt zum Discounter wechselt, kennt das Problem: Es fehlen ein paar wichtige Apps, zum Beispiel – Bedientheken. Dem versucht Penny mit seinem neuen „Frische-Pack“ entgegen zu wirken. Die Bezeichnung ist nicht als Herabqualifikation unschuldiger Wurst- und Käse-Artikel gemeint, sondern Hinweis darauf, dass es diese nun auch frisch aufgeschnitten in Plastik verschweißt aus dem Kühlthekenséparée gibt.

So frisch, dass die Ware direkt im Preis herabgesetzt werden muss, weil sie ohne Umschweife ihr Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht, wenn die misstrauische Stammkundschaft achtlos daran vorbeigeht.

Für Weinschmecker

Mit weißer Styroporschrift auf anthratzitfarbener Wand demonstrierte Penny anlässlich seiner Runderneuerung einst, dass Discount nicht grellbunt und fototapetig sein muss. Spirituosen, Sekt und Wein haben nun eine Ausnahmegenehmigung beantragt: Für die regalgewordene Holzoptik mit den farbigen Sortimentshinweisen baut Penny der Marktleitung notfalls sogar das Sichtfenster vom Büro in den Laden zu.

For Englishspeakers

„Quality Meats since 1981“ steht in schwarzer Tafeloptik über dem Kühlmobiliar mit dem abgepackten Fleisch, das – je nach Filiale – entweder weiter vom malerischen (ausgedachten) „Mühlenhof“ kommt.

Oder in der Verantwortung des kernigen Discount-Fantasie-Metzgers mit dem verheißungsvollen Namen „Butcher’s“ liegt.

Für Backwarenangler

In zahlreichen Lebensmittelmärkten platzen die Brötchenknasts inzwischen aus allen Nähten. Dem Trend zum größeren Aufbackvollzug kann sich auch Penny nicht verweigern und tauscht deswegen die alten Anstalten (zur Erinnerung: so sahen die ersten aus) gegen neue, die über deutlich mehr Fächer verfügen. Wenn’s nicht anders geht, steht der Ofen weiter nebendran.

Läden, in denen das Lager an den Knast grenzt, kriegen derweil ein Aufbackstübchen hinter die Zellen gebaut, die dann (wie bei Lidl) von dort befüllt werden. Der wegen des nach hinten gerückten Ofens frei werdende Platz auf der Verkaufsfläche ist durch die Installation eines grauen Brötchentütenhalters mit schluderiger Aufbackprosa aber womöglich noch nicht optimal genutzt.

Was sagen Sie? In Ihrem Stammdiscounter läuft immer noch das alte PennyOS? Macht nichts. Die neue Version installiert sich sicher automatisch in den kommenden Wochen, wenn der Laden mit dem Stromnetz verbunden ist.

Fotos: Supermarktblog"

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Gewinnt ausgerechnet Netto (mit Hund) den Wettlauf mit Aldi und Lidl um die prächtigste Obstarena?

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Sichtlich gut gelaunt führte Lionel Souque in der vergangenen Woche durch die erste Jahrespressekonferenz unter seiner Verantwortung als Vorstandsvorsitzender der Rewe Group. Der Gewinn des Konzerns ist zwar geschrumpft, insbesondere durch die teuren Markt-Übernahmen von Kaiser’s Tengelmann und Sky; aber mit den zusätzlichen Läden und wachsenden Umsätzen sieht sich Rewe offensichtlich gut positioniert für die Zukunft.

Gleichzeitig räumte Souque ein, man sei sich der Herausforderungen in den kommenden Jahren bewusst:

„Der Verdrängungswettbewerb war schon immer hart in Deutschland und Europa, aber er wird immer härter, insbesondere wenn man sieht, was die beiden größten Discounter weltweit investieren in Werbung und die Modernisierung [ihrer] Läden.“

Rewe will selbst mit einer umfassenden Neugestaltung seiner Märkte dagegen halten (Souque: „[das] ist eine wichtige Maßnahme, um den Unterschied zum Discount-Geschäft zu halten und aufzubauen“). Im „Supermarkt 2020“-Konzept spielen vor allem ein hoher Frische-Anteil und Convenience-Produkte für unterwegs eine größere Rolle (ganz schick ist’s auch, siehe Supermarktblog bzw. die Markporträts im Rewe-Magazin „one“).

Die Strategie ist richtig. Ihr einziger Nachteil könnte sein, dass die Discounter längst Maßnahmen ergriffen haben, um sich anzupassen. Nirgendwo sonst ist die Supermarktisierung von Aldi und Lidl so offensichtlich wie in der Obst- und Gemüseabteilung.

Aldi Nord und Süd zeigen mit ihren Filialumbauten seit einiger Zeit, wie – naja: frisch das wirkt, wenn man Avocados, Blaubeeren, Paprika und Karotten aus tristen Schütten befreit und ein bisschen schicker in Szene setzt.

Unterschiedliche Frische-Strategien

Vor allem Aldi Nord sticht mit seinem Konzept hervor (siehe Supermarktblog), weil Obst und Gemüse von ihrem bisherigen Stammplatz in der Vorkassenzone ans schräg gegenüberliegende Marktende umgetopft wurden, wo das Sortiment nun in lampenbeschirmten Querreihen von Kühlmobiliar mit weiteren Frischeartikeln eingerahmt (bzw. mitgekühlt) wird.

Dafür hat Aldi Nord den (deutlich erweiterten) Brötchenknast ganz nach vorne an den Eingang gerückt – und muss jetzt in vielen Filialen damit leben, dass Mitarbeiter die Ware aus dem Aufbackofen im Lager einmal quer durch den ganzen Laden rollern, um sie die dort in den Knastschubladen versenken zu können. (Das ist für Discount-Verhältnisse ziemlich aufwändig.)

Lidl scheint sich derweil entschieden zu haben, die beiden Frischesortimente möglichst beieinander zu platzieren und macht deshalb selbst modernisierte Läden noch mal für einige Tage dicht, um Obst und Gemüse ganz nach vorne vor den Brötchenknast umzuziehen.

So sieht das aus:

Was die Auswahl betrifft, kann Lidl es längst locker mit einem durchschnittlichen Supermarkt aufnehmen. Dafür sind die aneinander geschachtelten Boxen, auf die das Sortiment kistenweise aufgebockt wird, weder besonders schön noch praktisch – weil man als Kunde im Zweifel einmal ganz rundherum laufen muss, um von den Bananen zu den Tomaten zu kommen.

Konkurrenz gibt es aber auch aus eher unerwarteter Richtung: ausgerechnet von Netto (mit Hund). Im vergangenen Jahr meldete das Unternehmen, ein Ableger der dänischen Dansk Supermarked Group, den offiziellen Amtsantritt des neuen Deutschland-Geschäftsführers Torben Godskesen und versteckte in einem Nebensatz den Hinweis, dass „in ausgewählten Filialen“ eine „neue Marktgestaltung (…) getestet wird“.

Das war für Wettbewerber gewiss noch kein Grund zur Besorgnis – der vorige Neuauftritt ist gerade mal zwei Jahre her und hier im Blog damals ziemlich durchgefallen.

Vitamquadrat mit Frischefloß

Dass sich das diesmal mit der neuen neuen Marktgestaltung etwas anders verhält, liegt insbesondere am Obst- und Gemüse-Sortiment, das (wie früher) den Eingang schmückt. Wobei „schmücken“ in diesem Fall weder übertrieben noch ironisch gemeint ist, so sehr wie sich die Dänen Mühe gegeben haben, das rundherum erneuerte und mit Holz verkleidete Vitamquadrat in Szene zu setzen.

Im Frischefloß in der Mitte sitzen Avocado, Melonen, Äpfel, Blumenkohl, Paprika und Sellerie nebeneinander und können größtenteils lose in der entsprechend benötigten Menge gekauft werden können. Als gut sichtbare Wochenangebote hinterlassen sie darüber hinaus unmittelbar einen Portemonnaie-schonenden Eindruck.

Das übrige Standardsortiment sitzt rundherum auf den Rängen der Obstarena und hat zwischendrin Platz für die To-Go-Kühltheke gelassen, in der Smoothies, abgepackte Sandwiches und Salate auf ihren Direktverzehr warten.

Dank des Verzichts auf unnötigen Schilderbehang und den seitlich angebrachten Preistafeln wirkt die Abteilung ziemlich übersichtlich; nur eine einzige von der Decke baumelnde Pappe weist darauf hin, dass es hier „Das Beste aus Deiner Region“ gibt.

Wer den Laden betritt, wird zunächst am seitlich angedockten Netto-(mit Hund)-typische Blumensortiment entlang geführt.

Das Bananenregal entlässt die Kundschaft auf der gegenüberliegenden Seite schließlich in den Rest des Markts, wo die übrigen Anpassungen eher moderat ausfallen. Wie Aldi traut sich jetzt auch Netto (mit Hund), quergestellte Regalreihen einzusetzen; Getränke sind ans hintere Ladenende gewandert und schmiegen sich dort zu großen Teilen in Mehrwegkisten an durchsichtige Trennwände; die Drogerieauswahl vor der Kasse hat in einem schulterhohen Regal Platz genommen, was den Blick auf die (unveränderte) Kassensteppe erweitert.

Viele Elemente dürften regelmäßigen Discountkäufern aus den Märkten der Wettbewerber bekannt vorkommen: Die Sortimentshinweise in Tafeloptik erinnern an Edekas und Lidls Designausflüge; und eine der ersten Neueröffnungen sieht mit den weißen Styroporbuchstaben auf hellgrauer Wandfarbe aus als sei sie direkt bei Penny abgepaust worden.

Beim Obst und Gemüse allerdings ist Netto (mit Hund) eine beachtliche Nachjustierung gelungen, die ziemlich viel zur Aufwertung des jeweiligen Markts beiträgt. Dafür waren die Dänen offensichtlich auch bereit, Kompromisse einzugehen – alleine schon, um den dafür notwendigen Platz zu schaffen.

Vorkassenbäcker adé

Der kommt in dem von mir besuchten Markt vor allem daher, dass die Filiale auf einen Vorkassenbäcker verzichtet (der allerdings schon vor einem Jahr ausgezogen ist). Regionale Bäcker als Partner gehörten bislang eigentlich zu den Merkmalen, mit denen sich Netto (mit Hund) von den größeren Konkurrenten abheben wollte. Davon scheint man sich ein Stück weit verabschiedet zu haben – was angesichts der wachsenden Aufback-Sortimente, die es inzwischen fast überall gibt, womöglich vernünftig ist.

Auch Netto (mit Hund) kommuniziert seinen Kunden am Laden zwar stolz, jetzt selbst aufzubacken (fast im Wortlaut, den auch Aldi und Lild verwenden):

„Wie das duftet. Wir backen ofenfrisch für Dich. Mehrmals täglich.“

Die tatsächliche Auswahl an frischem Brot und Brötchen im Laden ist allerdings auf wenige Artikel beschränkt und am Ende des Obst- und Gemüse-Sortiments in zwei zusammengerückten Rollknasts untergebracht, die um die Ecke einen Mini-Ofen beigestellt bekommen haben.

An die Aufbackfestspiele von Aldi und Lidl reicht Netto (mit Hund) so natürlich nicht annähernd heran – aber genau das macht die großzügige Obst- und Gemüseauswahl auf bestehenden Flächen erst möglich. Und zeugt immerhin von einer klaren Schwerpunktsetzung. (Im übrigen Laden sind dafür diverse Mit-Hund-typische Schusseligkeiten und Sortimentsunebenheiten beibehalten worden.)

Drei Tage reichten Netto (mit Hund) nach eigenen Auskünften, um eine der Testfilialen im vergangenen Jahr auf das neue Ladendesign umzubauen. In vielen schmalen bzw. verwinkelten Innenstadtfilialen dürfte das nicht so einfach werden.

Aber wenn die Dänen einen Weg finden, auch dort genügend Platz für Obst und Gemüse zu schaffen, um Kunden mit Vitaminfloß und To-Go-Theke zu locken, dürfte das selbst einigen Supermarktkonkurrenten um die Ecke Kopfschmerzen bereiten.

Fotos: Supermarktblog"

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Zur Geschichte des Brötchenknasts: Haben Sie heute schon eine Backware kontaminiert?

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"Freshly baked today": Brotkörbe bei Sainsbury's

Es ist der Alptraum jedes deutschen Hygienevorschriften-Regelausdenkers: Ein offen im Laden herumstehender Korb mit aufgebackenen Brötchen und Teilchen, die jederzeit von unbefugter Kundschaft betatscht werden könnten. Und trotzdem sind die Frischluftkörbe (wie bei Sainsbury’s in Großbritannien, siehe Foto) in vielen Ländern Standard.

Manchmal stehen sogar ganze, hübsch dekorierte Tische frei beniesbar herum, wie bei Tescos “Bakery Project”!

Tescos "Bakery Project": Frische Backwaren, frei beniesbar im Laden liegend

Bei uns nicht.

Deutsche Supermärkte bauen monströse Theken in ihre Läden, aus denen Roggenbrötchen erst nach Überwindung gitterhafter Hindernisparcours und Plastikklappen herausgefischt werden können. Gerade erst hat Penny aufgerüstet.

Nicht umsonst werden die Stationen im, ähm, Volksmund deshalb “Brötchenknast” genannt. Schuld an besagtem Backwarenvollzug sind aber nicht (nur) die Supermärkte und Discounter, sondern die “Lebensmittelhygienischen Anforderungen an die Abgabe von Brot, Kleingebäck und Feinen Backwaren in Selbstbedienung”, wie sie zum Beispiel das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit übersichtlich zusammengestellt hat (pdf).

Und Regelungen, wie sie in der neuen DIN-Richtlinie 10535 stehen, die sich um “Backstationen im Einzelhandel” kümmert und voraussichtlich im August veröffentlicht werden soll. (Bisher gibt es sie lediglich als Entwurf, die Einspruchsfrist ist gerade abgelaufen, jetzt werden Änderungen eingearbeitet.)

Viele der Vorgaben kommen Ihnen und mir als Selbstverständlichkeit vor, sind aber noch mal aufwändig in Behördenprosa verpackt, um auch tatsächlich ernst genommen zu werden (“Der unbefugte Zugriff auf die auskühlenden, noch nicht zum Verkauf bestimmten Backwaren, ist zu verwehren”).

Aber womöglich ist es gar nicht schlecht, dass es für den hektischen Alltag im Laden solche Regeln gibt (deswegen z.B.) und dass sie vom Arbeitskreis NA 057-02-01-27 AK “Backstationen im Einzelhandel” noch mal aufgeschrieben wurden, alleine schon wegen “der weiten Verbreitung dieses Angebotskonzepts”, wie es in der Einleitung des DIN-Entwurfs heißt.

Beim Backstationen-Ausprobierer Lidl heißt es auf Anfrage, man habe den Ausschuss “federführend (…) ins Leben gerufen”. Die Norm solle “als Hilfestellung für alle Unternehmer genutzt werden, die in Ihrer Verkaufsstelle frische Backwaren verkaufen”:

“Wichtig ist (…) eine gleiche Auffassung der Regeln und Gesetzesregelungen auf Seiten der Unternehmer und der Lebensmittelüberwachung.”

Die Einhaltung der Norm ist zwar kein Gesetz, muss seitens der Unternehmen also freiwillig geschehen. Aber wenn Sie demnächst den Einbau eines Brötchenknasts in ihren Laden planen, achten Sie doch bitte trotzdem darauf, “dass ein Verkaufsmöbel vom Vorbereitungsbereich aus rückseitig bestückt werden kann”, dass “Wände (…) zur Erleichterung von Reinigungsmaßnahmen keine horizontal vorstehenden Ränder und Simse aufweisen”, und dass “eine Kontamination der angebotenen Backwaren durch die entnehmenden Verbraucher vermieden wird”.

Sehen Sie, so nennen die Profis das, wenn Sie am Brötchenknast ihr Abendbrötchen in eine Tüte packen: Kontamination.

Um ebendiese zu vermeiden, existieren bereits eigene DIN-Regeln, deren Namen sich auch problemlos als Titel für in der Zukunft spielende Behördenhorrorfilme nutzen ließen, so wie “DIN 10501-3 Lebensmittelhygiene Verkaufsmöbel – Teil 3: Verkaufsbehälter für Lebensmittel, die bei Umgebungstemperatur feilgeboten werden”.

Das Bayerische Landesamt für Dings und Lebensmittelbums fasst’s dankenswerterweise noch mal zusammen: Es brauche “Schutzmaßnahmen”, damit “der Kunde nur durch die dafür vorgesehene Entnahmeöffnung an die Backwaren gelangt”. Dafür müssten “geeignete Hilfsmittel” zur Verfügung gestellt werden, also “Einmalhandschuhe oder Entnahmebesteck mit hygienischer Ablage”, außerdem sind “Rücklegesperren” für einmal “kontaminierte” (also: angefasste) Ware nötig.

Genau das ist der Grund, warum Sie sich am Brötchenknast in vielen Discountern mit dem Eisenrüttler ihre Wunschbackware übers Zwischengitter in die Auffangmulde schubbern müssen!

Ideal für Dreihänder: Brötchenknast bei Rewe

Wobei z.B. die Lidl-Variante immer noch praktischer ist als die, die sich Rewe für die Backtheken in zahlreichen Filialen ausgedacht hat. An denen müssen Kunden mit einer Hand die Plastikklappe zur Brötchenbox aufhalten, um mit der zweiten Hand die davor baumelnde Backwarenzange zu schnappen, mit der sich die Ware in die Tüte umdisponieren lässt, die derweil, tja, von der dritten Hand aufgehalten wird.

Vielleicht bin ich da pingelig, aber: Kann es sein, dass Backtheken, die sich ausschließlich zu zweit oder von dreiarmigen Aliens bedienen lassen, in der täglichen Handhabung ein bisschen unpraktisch sind?

Brötchenknast-Pionier Lidl experimentiert, nachdem sämtliche Filialen inzwischen mit entsprechenden Stationen ausgerüstet werden, inzwischen mit weiteren Systemen. Aus den neuen Theken werden die Brötchen nicht mehr von vorne gefischt, sondern mit dem bekannten Eisenrüttler seitlich durch ein Gitter geschubst, um dem Kunden auf einer Krümelrutsche entgegenzukullern.

Jetzt mit Krümelrutsche: Neue Backstationtypen bei Lidl

Im neuen “Kassettenregal” (so nennt Lidl die Theken) seien die Waren besser ausgeleuchtet, heißt es auf Anfrage. Eine Sprecherin des Discounters erklärt:

“Das Backwarensortiment ist somit in den einzelnen Regalboxen besser sichtbar und die Entnahme der Ware bequemer. Durch den Wegfall der vorderen Klappentechnik ist es möglich, die komplette Kapazität der Regalboxen für die Warenpräsentation zu nutzen.”

Lidl-Backstationen: Bessere Aussicht vor der Kontamination

Bei Neueröffnungen oder Modernisierungen von Filialen werde grundsätzlich der neue Typ eingesetzt. Eine Umrüstung der übrigen Filialen sei “derzeit nicht vorgesehen”. Nur das allererste Modell (“in Bucheoptik”; kein Foto) sei bereits komplett ersetzt worden.

An den riesigen Ausmaßen seiner Backvollzugsanstalten hat Lidl freilich nichts geändert. Immerhin ist jetzt aber nicht nur der Einblick, sondern auch der Ausblick durch die großen Fensterfronten besser als früher. Damit die Brezeln, Brötchen und Butterteilchen sofort erkennen können, wer sich ihnen da aus dem Laden als Kontaminator nähert. Nämlich: Sie.

Mit Dank an die Supermarktblog-Leser McDuck und xrw.

Fotos: Supermarktblog

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Wie Edeka auf die Brötchenknast-Initiativen der Discounter reagiert

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Im Wettbewerb um das schmuckreichste Backtheater liegen die Discounter derzeit eindeutig in Führung. Netto (ohne Hund) dichtete sich die “Backstube” an, Penny hat seine Aufbackware im Laden als “Bäckerkrönung” geadelt, woraufhin Lidl die Initiative “Unser Brot” startete. (Für die an den Filialen interessanterweise ohne Lidl-Logo geworben wird.)

Und was unternehmen die klassischen Supermärkte? Edeka hat zwei sehr verschiedene Wege aufgetan, um auf die neue Konkurrenz zu reagieren.

1. Die Ingolstadt-Methode

Ingolstädter E-Center in Bushaltestellenform (hinten)

Ins Ingolstädter Industriegebiet stellte die Edeka-Regionalgesellschaft Südbayern 2006 ein E-Center, das aussieht wie eine riesige Bushaltestelle für Lebensmittel. Grund dafür ist, dass der Markt unter seinem leicht überstehenden Flachdachaufsatz auf zwei Seiten komplett mit Fenstern bewandet ist, was beim Einkaufen dazu führen kann, dass man sonnenstandbedingt vorm Gemüseregal erleuchtet wird.

Von der hohen Decke strahlen zahlreiche Lichtpunkte. Ansonsten mag Edeka die Kundschaft nicht weiter mit Besonderheiten stören und erlaubt den unverstellten Blick durch den ganzen Markt.

Edeka in Ingolstadt: Erleuchtung am Gemüseregal und freier Blick in den Laden

In dessen Vorkassenzone verkauft die Edeka-eigene Backstube Wünsche Bergbauernbrot, Bierstangerl und Tropic-Joghurt-Taschen (“feinstes Plundergebäck mit saftiger Joghurt- und Pfirsich-Maracuja-Füllung”). Das Besondere daran ist, dass die mutige Plunderzutatenbefüllung komplett konkurrenzlos geschieht. Denn in besagtem E-Center verzichtet Edeka auf eine Backstation mit Aufbackbrötchen, wie sie sonst fast überall zur Standardeinrichtung gehören.

Bei der Eröffnung sei damals einfach keine Station eingeplant gewesen, erklärt ein Edeka-Südbayern-Sprecher und meint, das könne “aufgrund der Entwicklungen des Marktumfeldes und Nachfrage jederzeit neu bewertet werden”. Im Moment scheint die Kundschaft aber, ähm, keine Wünsche übrig zu haben, die eine Nachrüstung veranlassen würden.

In Südbayern ticken die Uhren offensichtlich noch anders. Zumal es aus Sicht von Edeka womöglich um eine Spitzen-Serviceleistung handelt, in der Ladenmitte noch mal ein paar Einkaufskörbe aufzustellen, deren Handhabung eigens erklärt werden muss:

“Bitte an der Kasse wieder abgeben.”

Einkaufskörbe in der Ladenmitte sind ein besonderer Edeka-Service

Vorher wollen Sie als Kunde vielleicht noch hier Platz nehmen, um nachher Ihren Bekannten berichten zu können, dass Sie schon mal in der traurigsten Verschnaufpausen-Kaffeeecke des deutschen Einzelhandels gesessen haben:

Stilvolles Kaffeepausieren auf Steinteppich: Im E-Center kein Problem

Die Ingolstadt-Methode geht so: Backstation-Aufrüstung der Discounter ignorieren!

2. Die Leipzig-Methode

Die Höfe am Brühl sind eigentlich ein großes Einkaufszentrum, sehen von außen aber fast nicht so aus

Nach Einkaufscenter sehen die Höfe am Brühl, die sich Leipzig an den Rand seiner Fußgängerzone hat würfeln lassen, auf den ersten Blick nicht aus, und das liegt am architektonisch ambitionierten Fassadenversteckspiel des riesigen Brockens, in dessen Bauch außer den üblichen Ladenketten im Untergeschoss auch ein Edeka (E Potrzebski) wohnt, der so ziemlich das Gegenteil von dem Center in Ingolstadt ist – nicht nur wegen der sehr unterschiedlichen Größenverhältnisse, sondern weil die Einrichtung des Leipziger Ladens auf das jeweilige Sortiment abgestimmt ist.

Die runde Fischtheke leuchtet so blau, dass man jederzeit damit rechnen müsste, von Scotty einen riesigen Aal darauf gebeamt zu kriegen.

Die Weinabteilung ist als separater Raum im Laden gestaltet, leicht zurückgesetzt und mit hohen Holzregalen ausgestattet.

In den Gängen mit den versetzten Regalen hängen Lampen, die auch in eine Wohnzimmer-Lounge passen würden.

Und in der Ladenmitte kommt man beim Weg zur Kasse unweigerlich an der Backstation vorbei, die hier eher die Bezeichnung Aufbackpalast verdient hätte. Dabei hat sie ja schon einen separaten Namen: “Laib & Seele”. (Unter Bäckern ein beliebtes Standardwortspiel.)

Aufbackpalast mit eigenem Rufnamen: Edekas Brötchenknast-Konzept "Laib & Seele"

Statt einer simplen Theke mit gleichgroßen Fächern sind fünf unterschiedlich hohe Regalelemente übereck aneinandergestellt, unter anderem eine Brotrutsche, ein Korbstapler für Baguettes und die Hauptattraktion: ein großes Brötchenkarrussell, das den Kunden eine eigene Bedienungsanleitung zumutet:

Erst drehen Sie am Rad, und zwar die richtige Brötchensorte unters Rausbalancierfach, mit einem Metall-“Löffel” werden Sie anschließend “gewünschtes Brötchen nach hinten auswerfen”, ohne allerdings dabei den “Löffel” rauszuziehen oder die Plastikklappe zu heben. Verstanden?

Anleitung fürs Brötchenkarussell: "So einfach geht's"

Das klingt nicht nur furchtbar umständlich. Sondern ist es auch. Und zweifellos ist der Aufbackpalast derart überdimensioniert, dass notfalls auch noch der Aal darin landen könnte, wenn sich irgendwer an der Fischtheke verbeamt.

Aber es ist eine clevere Strategie von Edeka, um das Aufbacksortiment (das auch nicht so viel größer zu sein scheint als beim Brötchenknastspezialisten Lidl) besonders vielfältig und speziell aussehen zu lassen. Außerdem hat man sich als Kunde nach all der Metalllöffelei sein Laugengebäck ganz besonders hart verdient.

Die Leipzig-Methode geht so: Backstation-Aufrüstung der Discounter kontern – mit noch aufgerüsteteren Backstationen!

* * *

Hat Ihr Supermarkt auch so einen Aufbackpalast im Laden stehen? Oder kommt er ohne eigene Backstation aus? Schreiben Sie’s in die Kommentare!

Fotos: Supermarktblog

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Wie BackWerk sein Aufbackrevier an die Discounter verlor (und trotzdem erfolgreich ist)

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Manche Geschäftsmodelle halten eine Ewigkeit. Andere nur so lange, bis Aldi und Lidl sie für sich entdecken. BackWerk-Geschäftsführer Karl Brauckmann sagt:

“Als die großen Discounter erstmals in eigene Backstationen investiert haben, gab es hier bei uns richtig Alarm. Wir wussten, dass sich das Kaufverhalten vieler Kunden dadurch wesentlich verändern könnte.”

Weil die meisten ihre Aufbackbrötchen dann beim Discounter kaufen würden – und viel seltener bei SB-Bäckern wie BackWerk, das nach der Gründung im Jahr 2001 lange Jahre als größter Feind der klassischen Bäckerien galt. Dabei war die Franchise-Kette bloß eine Zwischenstufe.

Heute werden in den inzwischen 330 Filialen zwar immer noch Backwaren verkauft. Aber hauptsächlich solche, die belegt, überbacken und gefüllt sind. Mit Schinken, Käse, Putenbrust, Buletten. Discounter und Supermärkte haben das Aufbackrevier mit ihren Brötchenknasts für sich erobert und die Billigbäcker fast überflüssig gemacht. Die hatten zwei Möglichkeiten: entweder aussterben – oder sich neu erfinden.

BackWerk hat sich für Letzteres entschieden. Rund 80 Prozent der Waren, die heute verkauft werden, sind Snacks. Und anstatt billig Brötchen in Tüten zu schaufeln und dann wieder zu verschwinden, wollen sich die Leute heute hinsetzen und einen Kaffee zum belegten Brötchen trinken. Brauckmann sagt: “Die Kunden haben ganz andere Erwartungen als vor fünf Jahren.” Die Filialen werden größer und moderner. Giganten wie McDonald’s kriegen neue Konkurrenz.

Wie BackWerk den Discountern ausgewichen ist, und was das mit dem Fast-Food-Konsum der Deutschen zu tun hat, hab ich für Krautreporter aufgeschrieben:

“Unser täglich Schnitzelbrötchen”.

Foto: BackWerk

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Heute gibt’s “Bayern Burger”! Lidl gestattet Snack-Besuch im Brötchenknast

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Ein Brot sagt mehr als tausend Worte. Das gilt erst recht, wenn es ein belegtes ist. Anfang November räumte Lidl vorübergehend eine Zelle in seinem Brötchenknast frei, um ein neuartiges Angebot der Konsumentenkontamination zuzuführen: den “Bayern Burger”. Oder wie’s untendrunter in dünnen schwarzen Buchstaben auf Aktionspreisschildneonrot stand:

“Nürnberger Rostbratwürstchen im Laugenbrötchen mit Senfsauce und Weißkrautsalat”.

Besagter “Bayern Burger” im roten Papiermäntelchen ist der vorläufig interessanteste Repräsentant einer Reihe belegter oder gefüllter Backwaren, mit denen Lidl seine immer riesiger werdenden Backtheken befüllt – eine Art “Snack der Woche”, der offiziell nicht so heißt (sondern “Aktion!” oder “nur für kurze Zeit” oder “kann Spuren von Ei, Schalenfrüchten, Soja, Sellerie und Sesamsamen enthalten”).

Vor der Laugenschöpfung konnten sich Kunden im Oktober bereits für Flammkuchen mit Speck und Zwiebeln bzw. Windbeutel mit Cremefüllung entscheiden. Im September gab’s Mini-Quiches mit Gemüsefüllung. Und im August, passend zur damaligen Griechenland-Aktionswoche, belegte Brötchen mit Hähnchen-Gyros im praktischen Soßenfang.

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Offensichtlich handelt es sich dabei um die nächste Stufe Aufbackrevolution des Neckarsulmer Discount-Supermarkts.

Zur Erinnerung: Der Brötchenknast war vor einigen Jahren der Auftakt eines Strategiewechsels in Richtung Supermarkt (mit einem vielfältigeren Angebot in höherwertigeren Läden). Und gleichzeitig ein ziemliches Risiko: Weil die riesigen Stationen bereits in der ursprünglichen Variante massig Platz im Laden belegten, der nicht mehr für andere Produkte zur Verfügung stand, an denen Lidl mehr verdienen kann (siehe Supermarktblog von 2011).

Tatsächlich entpuppte sich die Initiative aber als Erfolg. Und trug dazu bei, Kunden, die der Kombination aus Niedrigpreisen und frischen Brötchenduft nicht widerstehen konnten, von der Konkurrenz weg- und zu Lidl hinzulocken.

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Wie wichtig der stetig fortentwickelte Brötchenknast für Lidl ist, lässt sich sogar an den Informationssäulen ablesen, die modernisierte Filialen an den Parkplatzrand gestellt bekommen. Die Kundeninformation “Wir backen mehrmals täglich frisch für Sie” steht dort noch über den Öffnungszeiten der Filiale.

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Abgesehen davon hat der Ex-Discounter nicht nur Aldi gezeigt, wo das goldgelbe Buttercroissant hängt – nämlich nicht in den klobigen Aufbackschränken, aus denen der Erzrivale sein Backangebot im Süden der Republik herausklonken lässt. (Auch wenn deren Aussterben bereits beschlossen ist.) Insbesondere Ketten wie BackWerk und Back Factory sahen sich plötzlich dazu gezwungen, ihr Konzept neu auszurichten. Weil Kunden, wenn sie ihre Brötchen beim Discounter mitnehmen können, nicht mehr extra zum Back-Discounter gehen.

Viele kleine Anbieter haben ihre Öfen dichtgemacht; die großen betreiben heute quasi Fast-Food-Restaurants auf Backbasis, in denen man in der Fußgängerzonen einen günstigen Kaffee trinkt und ein belegtes Brötchen oder eine Käsestange verschlingt.

Das wird mittelfristig wohl auch so bleiben. Weil sicher niemand zu befürchten braucht, dass Lidl die Besuchszeit an seinen Brötchenknasts in nächster Zeit durch die Einführung gemütlicher Sitzugruppen verlängert. Mit dem regelmäßigen Snack-Angebot signalisiert der Discount-Supermarkt der Konkurrenz allerdings ein weiteres Mal, dass er sich gerne noch weiteres Stück vom Markt abzubeißen gedenkt.

Vom Discounter zum Vollbackversorger

Belegtes belegt bislang zwar nur eines der vielen Fächer in den “Kassettenregalen” (wie die modernen Brötchenknasts offiziell heißen). Das ließe sich aber schnell ändern – bei Bedarf sogar abhängig von der Tageszeit. Zum Beispiel, um mit einem regelmäßig angebotenen “Bayern Burger” oder der Gemüse-Quiche mehr Kunden in der Mittagspause in die Filialen zu holen, die vielleicht auch noch einen Salat oder ein Getränk mitnehmen. Und gleich die paar Sachen einkaufen, die sowieso auf dem Einkaufszettel stehen.

Außerdem dürfte Lidl – trotz Kampfpreisen zwischen 99 Cent und 1,99 Euro – an den Snacks etwas mehr verdienen als an einfachen Brötchen.

In jedem Fall entwickelt sich der Fast-Supermarkt immer stärker zum Vollbackversorger. Und arbeitet fleißig daran, das Konzept für seine europäischen Märkte den Gewohnheiten des jeweiligen Landes anzupassen.

Blog-Kollege Marcel Pohlig vom Snackblog hat sich im Sommer mal im Nordosten Spaniens, genauer: in Empuriabrava (Katalonien), in einer modernisierten Filiale umgesehen. Und entdeckt, dass Lidl dort aufwändig umgerüstet hat.

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Foto: M. Pohlig

Das Ergebnis ist eigentlich kein Brötchenknast mehr, sondern eine kleine Backburg mit unterschiedlichen Regalelementen, Fächern, Brotgräben und einer integrierten “Lidl to Go”-Ecke, die aus zwei Snack-Vitrinen mit Glastür besteht und sich durch eine Einrahmung in sanftem Rot vom angrenzenden Backpöbel abhebt:

“Dort gibt es einzeln verpackte Kuchenstücke, Muffins , Berliner Ballen und Donuts und hinter der Glastür auch heiße Produkte wie fertiges Hähnchen, warmes Apple Crumble, Blätterteig-Spinattaschen, überbackenes Sandwich. Pizza-Baguettes sind skurrilerweise kalte Produkte und im regulären Brötchenknast.”

Wer will, kann sich im spanischen Lidl also für den ganzen Tag vollversorgen, ohne der Belastung ausgesetzt zu sein, seine Backwaren selbst beschmieren zu müssen.

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Fotos: M. Pohlig

In Großbritannien gibt’s zwar keine Informationssäulen, auf denen Lidl seine Anstrengungen der Gebäck-interessierten Allgemeinheit mitteilen könnte. Im Zweifel reicht ja auch eine kecke Plakatwand wie hier in London:

“It’s bake up your mind time.”

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Die harte Realität im Laden daneben ist freilich ernüchternd: ein düsterer Verschlag mit den in Britannien nicht ganz unüblichen Frischluftkörben, aus denen sich jeder rausgrabbeln kann, was er mag. (Passt aber wunderbar zur noch völlig unrenovierten Filiale im Osten der Stadt, die ich angeschaut habe.)

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Eine Zwischenstufe testet Lidl in Kroatien, dem früheren Zuständigkeitsgebiet des heutigen Lidl-Deutschland-Chefs Marin Dokozic. Im kroatischen Brötchenknast wohnen die Aufbackwaren zwar ebenfalls in Körben, sind aber durch Glastüren niesgeschützt.

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Dazu werden Kunden sehr auffällig zur Benutzung der bereitgehängten Einmalhandschuhe animiert (was natürlich niemand macht; obwohl die Handschuhe in der Zweitverwertung sicher der Knaller sind, wenn man zuhause damit das gekaufte Baguette notoperiert, um ein Päckchen Kräuterbutter hinein zu transplantieren).

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Die Korbvariante hat freilich den Vorteil, nicht so viel Platz zu benötigen wie die Backstationen in deutschen Filialen mit ihren Eisenrüttlern und Krümelrutschen, die vorerst ausentwickelt zu sein scheinen.

Dafür bleibt jetzt ja mehr Zeit, sich mit der Burgerisierung des Inhalts zu beschäftigen.

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Und was wartet bei Ihrem Lidl Appetitliches in der Auslage auf die Kundenkontamination? Verraten Sie’s mir in den Kommentaren!

Großen Dank an Marcel für Bilder und Eindrücke. Lest Snackblog!

Fotos (wenn nicht anders gekennz.): Supermarktblog

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Der Schöne und das Biest: Aldis halbe Discount-Revolution in Gladbeck

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Was hat ein durchschnittlicher Aldi-Markt mit dem Kölner Dom gemeinsam? Wenn man am einen Ende mit der Sanierung fertig ist, kann man am anderen eigentlich sofort wieder anfangen.

Und noch was: Bei beiden ging es bislang vornehmlich darum, ihren ursprünglichen Zustand zu erhalten. Im einen Fall, weil dem Eigentümer so ein neugebautes Imax-Kino im Hauptschiff vermutlich ganz und gar nicht in die (Neu-)Gotik passen würde. Im anderen, weil es insbesondere den Managern im Norden des zweibrüdrigen Discount-Imperiums schwer zu erklären war, dass es möglich sein sollte, ihr vor Jahrzehnten entworfenes Ladendesign noch besser zu gestalten.

Deshalb blieb bei der Modernisierung des Aldi-Nord-Filialnetzes vor einigen Jahren das meiste so, wie es war – nur ein bisschen weniger schrecklich verfliest und netter angestrichen (siehe Supermarktblog).

Inzwischen kann der Discounter sogar ganz ansehnliche Flachdachmärkte mit Tageslichtschimmer bauen, bei denen äußerlich nichts mehr an die braun geziegelten Architekturschandtaten von früher erinnert.

Nach drinnen hat sich dieser Sinneswandel bislang aber nur bedingt gewagt, auch nicht in frisch eröffneten Aldi Nords. Ja, sicher: heller ist’s. Doch die Kunden werden hinterm Eingang weiterhin auf die Sprintstrecke zum Ladenende geschickt, wo zur Belohnung ein Babybrötchenknast mit Aufbackwaren wartet, sofern die erste Ladung Aktionsware, Getränke und Süßkram unbeschadet passiert wurde.

Zurück geht’s ähnlich freudlos nach einer scharfen Kurve vor den Kühltheken …

… bis zum hochgebockten Obst und Gemüse, das leidlich mit bunt bedruckten Pappschildern aufgewertet vor den Kassen auf seine Verzehrerlösung wartet. (Ganz ähnlich sieht das im Aldi-Süden aus).

Im Großen und Ganzen ist ein Einkauf bei Aldi aber immer noch: ein Einkauf bei Aldi. Vielleicht aber nicht mehr lange. In einem Markt im nordrhein-westfälischen Gladbeck testet das Unternehmen seit einigen Monaten, was passiert, wenn man sich bei der Einrichtung ein klitzekleines bisschen mehr Mühe gibt. Dafür hat Aldi Nord nicht nur seine bislang eisern verteidigte Grundstruktur aufgegeben und dem Hausdesigner die Handschellen abgelegt, sondern veranstaltet auch ein deutlich aufwändigeres Obst- und Backtheater.

Wow, werden Sie als alter Werbe-Crack jetzt sagen, drei Überraschungen auf einmal! Das geht nun wirklich nicht. Geht aber doch:

Überraschung 1

Wenn Erzrivale Lidl seine Kunden nur wenige Meter nach Ladenbetritt hinter der Marmelade mit knusprigen Brötchen und tunkbaren Teilchen bezirzt, hilft nur eins: Aldi muss noch ein paar Schritte früher zu Kaffeepotte kommen. Voilà: die fabelhafte Baker Street! Das meterlange Backparadies öffnet sich direkt hinterm Eingang und drängt einem den frisch gebrühten Kaffee geradezu auf, während man daneben in die Auslage mit dem Zweitfrühstücksinhalt spickt: auf “Blätterteig-Kirschkissen”, “Käsetwister”, Joghurtdrinks und den “Pizzasnack Salami”.

Daneben geht’s direkt weiter mit einer klassischen Brötchenvollzugsanstalt (samt integrierter Brotschneidemaschine), die sich untrennbar mit dem daneben abgepackten Kuchen, Toast und Knäckebrot verschmolzen hat, auf die über der verschnörkelten Backreklame kleine Licht-Spots gerichtet sind – gerade so als müssten sie gleich noch Autogramme schreiben.

Wenige Meter davon entfernt mündet die Baker Street direkt in den neuen Place de Légumes, wo sich Obst und Gemüse in drei quer gestellten Auslagen mit Holzverkleidung in Schalen geworfen haben und trotz der Brot-Prominenz schon deshalb ganz cool bleiben, weil sich um sie herum bereits die ersten Ausläufer der beginnenden Kühlregallandschaft abzeichnen.

Im Grunde genommen hat Aldi Nord auf diesen paar Metern bloß das zusammengeführt, was sowieso zusammen gehört: alles Frische, Knusprige, Sofortverzehrbare. Aber alleine das sorgt dafür, dass der Discount-Einkauf unter völlig anderen Vorzeichen beginnt. Das ist (vor allem im Vergleich zu Lidl) zwar nichts grundlegend Neues, für Aldi jedoch ein Riesenfortschritt.

Überraschung 2

Die Rennpiste gibt’s immer noch. Aber sie wirkt in Gladbeck viel weniger rennpistig, weil sie nicht von einer endlosen Längsregalmauer begrenzt ist. Stattdessen macht Aldi direkt hinterm Brötchenknast Platz für Aktionstische und schiebt zur Auflockerung die ersten Querregale dazu, was den Markt sofort deutlich größer wirken lässt.

Das führt unweigerlich zur nächsten Premiere: den Mottoparty feierenden Regalköpfen, an denen Aldi erstmals Produkte platzieren kann, die besonders hervorgehoben werden sollen. Zum Beispiel, weil sie “Neu im Sortiment” sind, wie die irren Pastillen hier:

Oder weil’s eine schöne Abwechslung ist, das eigene Bio-Sortiment nicht mehr bloß zwischen den konventionellen Produkten in den Regalen zu versenken, sondern ein eigenes Plätzchen dafür zu haben, wo sich alles auf einen Rutsch vorzeigen lässt (und mit einem glücklichen Kind schmücken, das in einen noch glücklicheren Apfel beißt).

Falls Sie sich darüber hinaus schon immer gefragt haben, wie sich Discount-Manager einen richtig gelungenen “Mädelsabend” vorstellen: der Gondelkopf an der Weinabteilung verrät’s. Mit Toffifee, Schaumwein und Pistazien. (Reihenfolge egal?)

Überraschung 3

Tatsächlich scheint sich Aldi diesmal Gedanken darüber gemacht zu haben, wie sich der Discount-Einkauf grundlegend aufwerten lässt, ohne dabei die eigenen Grundprinzipien zu vernachlässigen.

Mindestens ebenso clever wie die Querreihen-Auflockerung des Ladens sind zum Beispiel die Trennwände in dunkler Holzoptik, die einzelne Sortimente voneinander abgrenzen und der dadurch möglich werdenden Warenhochstapelei etwas die Ramschigkeit nehmen. Weil man den nächsten Stapel ja gar nicht erst sieht.

Und was muss das für ein Spaß gewesen sein, als der Markt-Designer den (platz-)sparenden Traditionsbewahrern im Management vorgeschlagen hat, anderthalb Kubikmeter Platz für ein Gittertisch-Ensemble vor der Kühltheke zu verschwenden, auf dem fast nichts liegt – außer den sechseinhalb Zutaten für das dort angeschriebene “Rezept der Woche”.

Zur Dauereinrichtung dürfte der (anderswo auch schon gefloppte) Rezepttisch eher nicht werden. Aber was zählt, ist der Ruck: Aldi hat geschnallt, dass es nicht immer gleich einem Hochverrat am Discount-Prinzip gleichkommt, mal was Neues auszuprobieren.

Leider war, als dieser Schwung wieder nachgelassen hat, in Gladbeck immer noch die zweite Hälfte des Markts übrig.

Keine Überraschung

Und die sieht aus, wie zweite Markthälften bei Aldi halt so aussehen. Zum vorsorglichen Trost: Goethe, bitte!

Vom Gemüse befreit sind Gang und Fläche,
Von Gittertisch zu Gittertisch reicht hier der triste Blick;
Am Eingang grünte noch das Hoffnungs-Glück;
Doch der alte Albrecht, in seiner Schwäche,
Holt schnell die bekannte Last zurück.

Das geht so natürlich alles nicht. Der Kundschaft erst schöne Brezeln machen, einen Kaffee brühen und die Gemüse-Vielfalt um den Einkaufswagen hindrapieren, nur um sie dann, kaum sind die hübsch separierte Fisch- und Fleischkühlung passiert, eiskalt in die bekannte Tristesse der endlosen Aktionswarensteppe zu stoßen, an deren Ende nun auch noch die Obst-Wiedergutmachung fehlt.

Alles, wirklich alles, was der Gladbecker Markt in der ersten Ladenhälfte aufgebaut hat, reißt er auf dem Rückweg zur Kasse wieder ein. Gerade so als habe der Designer von einer Sekunde auf die nächste gemerkt, dass er noch Resturlaub abbauen müsse, und sich auf Nimmerwiedersehen in die Ferien verabschiedet.

Über die “Aktuellen Angebote” auf meterlang aneinander gerückten Grabbeltischen lässt sich gerade noch so in eine bessere Discountwelt hinüber schielen. Aber um auch andere Filialen aufzuwerten, taugt das in Gladbeck eindrücklich demonstrierte Halbversagen gewiss nicht.

War angenehm mit dir, holder Aldi. Aber du musst dich schon entscheiden: Schöner Discounter oder weiter ein Biest?

Fotos: Supermarktblog

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Aldi Süd oder Aldi Nord – wer hat das frischere Aufbackrezept?

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Aldi Nord und Aldi Süd mögen zwar separate Unternehmen sein, am Ende überwiegen bei Strategie, Sortimentsaufteilung und Werbung jedoch oft die Gemeinsamkeiten. Mit einer Ausnahme: Die Albrecht-Ableger verfolgen im Discount grundlegend andere Aufbackwege. Welche der Taktiken geht gut auf? Und wer muss womöglich bald andere Pläne kneten? Ein Vergleich in zwei (relativ) neu eröffneten Märkten.


Das Aldi-Süd-Rezept

Zutaten:

  • 1 unsichtbarer „Backofen“
  • 3 mannshohe Metallplatten
  • 15 Druckknöpfe
  • 10 bis 15 laufende Meter Holzverkleidung (aus dem Baumarkt)
  • 1 Kühlregal

So wird’s gemacht: Die Metallplatten schwarz lackieren, mit Riesenbrezeln dekorieren und vor den unsichtbaren „Backofen“ schrauben. Kühltheke daneben platzieren und ruhen lassen. Währenddessen Druckknöpfe einfetten. Die Holzverkleidung zurecht sägen und um das Backensemble legen, sodass sämtliche sichtbaren Ränder bedeckt sind. Aufbackware in den unsichtbaren „Backofen“ einlegen und nach Kundenknopfdruck herausklonken lassen.

So wird’s serviert: „immer frisch von früh bis spät“, lautet das sehr klein geschriebene Versprechen auf dem nagelneuen Backtresor in der schick designten Unterhachinger Aldi-Süd-Filiale bei München. Den Kunden bleibt nichts anderes übrig, als das zu glauben. Selbst überzeugen dürfen Sie sich von der verheißenen Frische erst, wenn ihnen die bestellte Backware in den dafür vorgesehenen Ausgabeschlitz geschossen wurde.

„Das Betätigen einer Taste verpflichtet zum Kauf“,

mahnt ein gleich mehrfach auf der metallenen Front angebrachter Schriftzug (dessen rechtliche Gültigkeit zumindest in Zweifel gezogen werden darf).

Die modernisierte Variante des vermeintlichen „Backofens“ mag nicht mehr ganz so trist aussehen wie ihr beiger Vorfahre. Der Inhalt bleibt mit gerade einmal 13 Aufbackprodukten aber weiter übersichtlich: Brötchen, Baguette und Ciabatta, zweimal Lauge, Croissants (mal süß, mal süßer) und die Pizza-Snacks „Margherita“ und „Classico“ werden per Knopfdruck heiß gefönt – letztere noch dazu „in praktischer Schale für Entnahme und Transport!“ Hier, bitte:

Selbige Schale, ein Papierkarton mit Plastikfoliengrundierung gegen die Durchfettung, schmälert die Händlermarge des ohnehin günstigen Snacks (zu 79 Cent) zusätzlich. Und sorgt beim Kunden, zusammen mit der Klarsichttüte, in die sie rutscht, für ein schlechtes Müllgewissen.

Maximale Auswahl scheint für Aldi Süd bei seiner Aufbackstrategie schon mal nicht im Vordergrund zu stehen, eher die (verhältnismäßig neue) Kombination des Backtresors mit der kalten Theke nebenan, in der Smoothies, Säfte, Salate, Joghurts, geschnittenes Obst, Wraps und Sandwiches darauf warten, vom eiligen Mittagspäusler zur Kasse getragen zu werden. (Ohne Knopfdruck.)

Kann natürlich auch sein, dass Aldi Süd damit bloß zu kaschieren versucht, was für eine doofe Idee das damals war, sich Maxi-Backmonster in die Läden zu stellen, aus denen dann bloß ein Mini-Sortiment verkauft werden kann.


Das Aldi-Nord-Rezept

Zutaten:

  • 2 Brötchenknastfassaden mit jeweils 4 Zellenreihen
  • 10-12 Eisenrüttler (nach Bedarf)
  • Krümelrutschen, Plastiktrenner
  • 1 Brotschneidemaschine
  • 1 geheimnisvolle Zaubertür

So wird’s gemacht: Zellen für die Füllung mit Krümelrutschen auskleiden und Plastiktrenner einsetzen. Gründlich mit den Brötchenknastfassaden vermengen und in die Filiale stellen. Brotschneidemaschine am Rand festdrücken. Hinter der geheimnisvollen Zaubertür verschwinden, um Aufbackware vorzubereiten; in die dafür vorgesehenen Zellen stopfen.

Bitte servieren: „Mein Bestes“, schreibt Aldi Nord auf eine verschnörkelte Tafel über seinen doppelten Brötchenknast, aber „Mein Meistes“ wäre auch nicht falsch gewesen. In der frisch eröffneten Brandenburger Filiale am Vorortwaldrand von Hohen-Neuendorf, die sich am Gladbecker Design orientiert (siehe Supermarktblog), backt der Discounter alles auf, was die Tiefkühlung hergibt: Franzbrötchen, Apfelecken, Käse-Zwiebel-Brötchen, Fitnessstangen, Dinkelschrippen, Chia-Brot – und simple „Bäckerbrötchen“ dürfen auch nicht mehlen fehlen. Selbst wenn die dafür verwendete Rohlinge bestenfalls beim Transport in die Filiale mal an einem Bäcker vorbeigefahren sind.

42 – zweiundvierzig! – unterschiedliche Aufbackprodukte zählt der staunende Brötchenknastgast, alleine acht Brotsorten, zwei davon in Bio-Qualität.

Das ist vielleicht doch nicht die Antwort auf alles. Aber zumindest auf die Aufbackstrategie der Discount-Schwester: Nord bringt mehr als dreimal so viele Artikel wie die Süd auf ungefähr derselben Backstrecke unter – und kriegt daneben auch noch eine Brotschneidemaschine gestellt. Konkurrent Lidl treibt inzwischen einen vergleichbar hohen Aufwand, bleibt bei der Artikelzahl aber ebenfalls hinter Aldi Nord und benötigt für seine großzügigeren Brötchenknasts deutlich mehr Platz.

Freilich hat die Nord-Lösung auch gravierende Nachteile: Zum Beispiel viel mehr (Personal-)Aufwand bei der kontinuierlichen Warenbeschüttung, im Zweifel bis in den Abend hinein, wenn die Wegwerfgefahr kurz vor Ladenschluss gefährlich ansteigt.

Mittelfristig droht Aldi Nord zudem wohl die Befreiung zusammengepferchter Croissants durch engagierte Backtivisten. Von artgerechter Gebäckhaltung lässt sich in vielen Zellen aktuell jedenfalls kaum sprechen:


Fazit: Wer backt besser?

Auswahl oder Aufbacksimulation – was trifft den Geschmack der Discountkunden besser? Keine Frage: Das hölzern ummantelte Snack-Ensemble in den Süd-Märkten fügt sich hervorragend ins aufgemöbelte Ladendesign ein und sieht schick aus.

Aber wenn man sich von den Familienpartys leiten lässt, die sich freitagnachmittags vor den Brötchenknastzwillingen in der Brandenburger Nord-Filiale ereignen, dann kriegt der bislang eher nicht für seine Innovationen bekannte kleinere Aldi-Bruder seine Strategie wohl besser gebacken. Dass man als Kunde dabei nicht unnötig Wert auf eine ansprechende Produktpräsentation legen darf, scheint dem zumindest nicht im Wege zu stehen.

Immerhin sind sich die Discount-Geschwister bei der Positionierung des Bäckerersatzes einig: ganz weit vorne im Laden.

Am Ende sieht es aber ganz danach aus, als ob Aldi Nord diesmal flexibler auf die Wünsche der Discountkundschaft zu reagieren wüsste. So flexibel, dass der noch vor wenigen Monaten zum Standard ernannte, aber – aus verständlichen Gründen – wohl wenig genutzte Kaffeeautomat in der Filiale in Hohen-Neuendorf von vornherein weggelassen wurde.

So ein Zeitschriftenregal passt ja als Lückenfüller auch ganz gut an die Schrippenfront:

Fotos: Supermarktblog"

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Rewe im Testmodus: „deli am Markt“ kommt auch auf kleinen Flächen, wechselnde Designs für „Beste Wahl“

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Bitte verwechseln Sie das nicht: „Neu-Delhi“ ist die Hauptstadt Indiens, „deli – neu!“ dagegen Rewes aktuelle Strategie, seine Supermärkte mit Snacktheken aufzuwerten. Erstere lässt Besucher auf der königlichen Promenade Rajpath vom Rashtrapati-Bhavan-Palast zum India Gate promenieren. Die zweite lockt Günstigspeiser an der Leberkäsvitrine vorbei zur Bepilgerung in die angedockte Aufbackallee.

Und zwar nicht nur unabhängig vom neuen Ladendesign, das Rewe derzeit in mehreren Varianten testet. Sondern auch in Märkten, die eigentlich nicht viel Platz zu verschenken haben.

Zum Beispiel im neuen Rewe City, der vergangene Woche in Halle an der Saale auf übersichtlichen 1000 Quadratmetern mitten in der Stadt eröffnet hat (siehe Supermarktblog) – noch im alten Rewe-Ladendesign, das im Vergleich mit den deutlich rausgeputzten Testläden drinnen ziemlich fossil und dröge aussieht.

Schon am Eingang wirbt Rewe für das eingebaute Thekenbistro „deli am Markt“, das die bekannte eingeschränkte Speisenauswahl zu Discount-Kampfpreisen bereithält: Pasta für 3 Euro, Burger für 2 Euro, Bockwurst, Boulette und Leberkäs für 1 Euro. Günstiger geht nicht, leckerer schon. Aber offensichtlich sind die „deli“-Austüftler der Meinung, mit dem Billig-Lunch Kunden anlocken zu können. (Auch wenn das, ich wiederhole mich da gerne öfter, ü-ber-haupt nicht zum Nachhaltigkeits-, Öko- und Qualitäts-Image passt, um das sich die Supermarktkette sonst bemüht.)

Vor allem scheint sich die Idee durchzusetzen, den mit Aufbackwaren befüllten Brötchenknast von der Ladenfläche an den Eingang zu holen und dort mit dem „deli“ zusammenzulegen. Das spart Personalgerenne. Und die Kunden sind’s ja eh gewöhnt, Backwaren vor bzw. hinter der Kasse zu kriegen – nur halt nicht mehr in Bedienung vom Bäcker (bzw. „Bäcker“), sondern im Selbstangelverfahren aus der Gitterzelle.

In Halle ist der Übergang von der Theke zur Brötchenzuchtanstalt besonders anschaulich umgesetzt:

Das mag praktisch sein für alle, die nicht viel einkaufen wollen. Ob sich Rewe aber einen Gefallen damit tut, Kunden erst mit Niedrigpreis-Mittagessen anzulocken, und sie dann nicht mal mehr für Zusatzkäufe durch den Laden zu lotsen, ist eine andere Sache.

Und wenn die Kette weiter damit ernst genommen werden will, dass ihr ehrlich etwas daran liegt, unnötiges Plastik beim Einkauf zu vermeiden (wie mit der Abschaffung der Plastiktüten bzw. der Suche nach alternativen Verpackungen bei Obst und Gemüse), wäre es notwendig, Milka-Schokoladen-Donuts im Brötchenknast nicht mehr ausschließlich im plastikverschalten Vorratspack anzubieten. (Weil das nämlich die übrigen Bemühungen unglaubwürdig erscheinen lässt.)

Wie sehr Rewe sich derzeit im Testmodus befindet, belegt auch die Neugestaltung der Eigenmarke „Beste Wahl“, die gerade ihre Barockheit abgewöhnt kriegt. Neu gestaltete Pizzakartons ließen bereits vor einigen Wochen erahnen, dass das neue Design bunter und weniger streng ausfallen wird (siehe Supermarktblog).

Ganz zufrieden war man in Köln damit aber wohl noch nicht.

In der Tiefkühltruhe sind seitdem weitere Design-Varianten aufgetaucht, die darauf schließen lassen, dass die Neugestaltung entweder als fließender Prozess gestaltet ist. Oder dass man sich am Rivalen Edeka orientiert, der sich bei seiner Mittelmarke „Edeka“ erst gar nicht mehr auf ein einheitliches Design festlegt, sondern die Produkte je nach Sortiment unterschiedlich peppig verpackt.

Rewes Beste-Wahl-„Carne Steinofenpizza“ sieht auf Holzoptik foodgestyled jedenfalls schon wieder deutlich weniger nach dem knallbunten Penny-Discount-Design aus, das die Tiefkühlgeschwister daneben umhüllt.

Auch das neue Marken-Logo ist nochmal leicht angepasst worden. Der rote Blob durfte bleiben, unter dem Rewe-Schriftzug steht „BESTE WAHL“ nun aber in Großbuchstaben – jedenfalls auf den ebenfalls neu designten Müsli-Packungen, die ebenfalls auf Einheitlichkeit pfeifen (auf dem Foto: neu, alt, neu, neu).

Die Chancen, dass es zumindest bei der jetzigen Logo-Variante bleibt, stehen vermutlich nicht schlecht. Zumindest hat Rewe sie bereits in sein Eigenmarken-Erklärensemble aufgenommen, das von der Marktdecke baumelt und auf einen Blick einordnen soll, wodurch sich die unterschiedlichen Marken auszeichnen (Rewe Bio – „natürlich“, Rewe to Go – „schnell“, Rewe Regional – „nah“, ja! – „günstig“, Rewe Beste Wahl – „vielfältig“, Rewe Feine Welt – „besonders“).

Danke an Cheval A. und Marcel P. für die Hinweise!

Fotos: Supermarktblog"


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City-Supermärkte (4): Penny in München und Berlin – mein neuer Nachbar, der Design-Discounter

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Mal ehrlich, von den ehrgeizigen Plänen der Tochter von Erwin Lindemann, die mit dem Papst eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnen wollte, haben Sie auch nichts mehr gehört, oder? Macht nix. Der Lebensmittelladen in der Münchner Innenstadt, für dessen Gestaltung Darth Vader und Marusha im Auftrag von Penny eine gemeinsame Design-Agentur gegründet haben, ist ohnehin sehr viel spektakulärer zu betrachten.

An der dunklen Decke schwingen sich bunte Neon-Farbstrahlen in den Laden hinein.

Die Sortimentshinweise schimmern farbig auf tiefschwarzen Wänden.

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Und die Regale leuchten raumschiffhaft den Weg bis zur schlanken Tresenkasse voraus.

Kurz gesagt: In der Nähe des Königsplatzes hat Penny eine Filiale eröffnet, die (nicht nur) im deutschen Lebensmitteldiscount ziemlich einzigartig sein dürfte. Und die konsequent auf die Bedürfnisse der schnell einkaufenden Stadtbevölkerung ausgerichtet ist.

Das bedeutet vor allem: viel Auswahl auf engstem Raum und ein üppiges Angebot an Sofortessen – nicht nur in der langen Kühlregalreihe, die Kunden direkt hinter dem Eingang mit Artikeln aus dem Penny-Ready-Sortiment empfängt.

Davor hat der Rewe-Ableger eine Salatbar und einen Tresen mit heißen Suppen für Selbstabfüller gebaut – die sehr überschaubare Preise versprechen (1,11 Euro pro 100 g Salate, 69 Cent pro 100 ml Suppe, Croutons kosten 19 Cent extra – wir sind ja immer noch im Discounter).

Unübersehbar ist auch die aus drei SB-Automaten bestehende Kaffee-to-go-Phalanx am Eigang, für die Penny maximal unbescheiden als „World’s Best Coffee“ wirbt.

Wer frische Backwaren kaufen möchte, muss dafür zwar ans andere Ladenende wechseln, wird dort aber nicht nur mit einem XXL-Brötchenknast überrascht, der auch „Lust auf was Heißes“ verspricht (Fleischkässemmel für 1 €, natürlich); sondern auch einen in Betonoptik verkleideten Thekenkumpel namens „Hot to Go“ gegenüber gestellt bekommen hat. Warmen Leberkäse aus der Vitrine gibt’s montags bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr dazu.

Gerade hat die Nummer 4 im deutschen Discount einen Großteil ihrer Filialen aufgemöbelt, um gegen die Design-Ambitionen bei Aldi und Lidl zu bestehen (siehe Supermarktblog). Projektleiter Arne Boll erklärte im Rewe-Group-Magazin „One“ gerade, man wolle in den Filialen aber auch

„den sich verändernden Einkaufsgewohnheiten unserer Kunden Rechnung [tragen]. Beispielsweise geht der Trend stärker zu frischen, gekühlten Produkten, wobei Convenience eine wachsende Rolle einnimmt. Es war unser Ziel, diesen Produkten mehr Fläche einzuräumen, die Erweiterung der Kühlung war also ein Kern des Projekts.“

Dabei sollte jeder Penny-Kunde den Discounter seiner Wahl „aber weiterhin als solchen erkennen können“. In schöner Regelmäßigkeit erlauben sich die Kölner inzwischen jedoch, diese selbst auferlegte Vorgabe zu brechen – indem an geeigneten Orten Design-Discounter eröffnen, die deutlich von der üblichen Gestaltung abweichen und andere Sortimentsschwerpunkte setzen.

Damit pflegt Penny sein Nachbarschafts-Image aus der Werbung, weil sich eine Filiale auch in Optik und Auswahl der entsprechenden Nachbarschaft anpasst.

Graffitti für den Kiez

Die Gestaltung seines zweiten Markts im Berliner Bezirk Friedrichshain hat der Discounter kürzlich Künstlern aus der Umgebung überlassen, die den Discounter zur Street-Art-Bühne mit knallbunten Wänden umfunktioniert haben, typische Straßenbeleuchtung und orangefarbene Mülleimer inklusive – im Laden.

Die verordnete Unangepasstheit reicht bis zur Umbenennung der Sortimente in „Grünzeug“ (Obst und Gemüse), „Milchstraße“ (Molkereiprodukte), „Gefrierpunkt“ (für Tiefkühlware) und „Stößchen“ (für Sekt). Allerdings entbehrt es nicht einer gewissen Doofheit, unters „Alles frisch“-Graffitti ausgerechnet das Regal mit den Kartoffelpulverprodukten aus der Tüte zu stellen. Und die riesige Tanzfläche zwischen Aktionsgerümpel und Süßwarenabteilung am hinteren Ladenende lässt  erahnen, dass sich der sonst eher auf kleinerem Raum operierende Discounter mit dem vielen Platz bei maximaler Standardregalierung nicht so arg viel anzufangen wusste.

Anders gesagt: Im „Penny Box 80“ (der wegen des neuen Wohnquartiers an der Boxhagener Straße, in das er sich einfügt, so heißt) wirkt die Coolness ein bisschen arg angestrengt.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Penny damit im Verglich zu dem direkt daneben gelegenen, hoffnungslos verschnittenen Lidl in einer völlig anderen Einkaufsliga spielt. (Die Rewe Group hat praktischerweise selbst einen kleinen Ladenrundgang ins Netz gestellt.)

Früher Bio, heute billig

Größtmögliche Flexibilität musste Penny für die Neueröffnung in der Berliner Friedrichstraße beweisen, wo der Discounter seit einigen Wochen – wie angekündigt – die Fläche des früheren Temma-Biomarkts belegt, den Rewe vor einem Jahr dichtmachte (bzw. in Köln in die Eigenständigkeit entließ).

Einen Teil der Sortimentsstruktur hat Penny beibehalten: Obst und Gemüse ganz vorne, Wein am rechten Ladenende, Milchprodukte in Kühlung hinten links.

Die schick verzierten Bodenfliesen grenzen jetzt nur nicht mehr wie früher an eine Frischetheke für Käse und Fleisch, sondern säumen schwarze Kühl-U-Bahnen für die SB-Bedienung.

Und obwohl in der Ladenmitte fast deckenhohe Regalreihen eingezogen wurden, hat Penny auch einen Teil des Ladenmobiliars beibehalten: Aktionsprodukte, Pasta und Wein sind – wie früher bei Temma die Bio-Spezialitäten – auf einfach aneinander gestellten Metallregalen gestapelt.

Die Wände werden von weißen und schwarzen Kacheln geziert. Alles in allem sieht der Laden nicht nur sehr viel moderner aus als der direkt daneben gelegene Rewe City. Sondern kann sich mit dem durchaus auch in der Lunch-Auswahl messen.

Im Mittelteil der Ladenfront sind der Temma-Bistrotresen und die vom Rewe-Gastro-Flop Oh Angie! genutzte Küchenzeile einem Ensemble aus Vorbereitungsküche und Snack-Theke gewichen. Die Idee, den riesigen Brötchenknast bereits außerhalb es Ladens zugänglich zu machen, ist clever und spart drinnen viel Platz – den Penny konsequent genutzt hat, um auch hier eine Salatbar einzubauen.

Man sieht dem Laden an, dass die Designer nicht einfach nur unterschiedliche „Module“ aneinandergestellt haben, um Individualität vorzutäuschen – sondern sich Gedanken machen mussten, wie man die Fläche so gestalten kann, dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. (Für einen Lebensmittel-Discounter.)

Bis zur Kassenzone hat die Ambition leider nicht gereicht: Anstatt wie in München schlanke Bezahltresen aufzustellen, stehen am Marktende drei klassische Förderbandkassen, die unnötig viel Platz wegnehmen – den man, um den Wagemut auf die Spitze zu treiben, auch mit Stehtischen für Sofortverzehrer hätte belegen können; oder, sagen wir: „World’s Second Best Coffee“.

(Die ehemalige Oh-Angie!-Restaurantfläche vor dem Laden ist inzwischen übrigens ebenfalls weitervermietet: an einen Zusammenschluss lokaler Asia-Spezialisten.)

Dass sich keiner der oben beschrieben Läden als Discount-Standard eignet, geht völlig in Ordnung – weil Penny damit meilenweit an seiner Kernzielgruppe vorbeidesignen würde.

Discounter mit Street-Credibility

Aber den Versuch, sich mittels derart aus der Reihe fallender Ladendesigns in manchen Nachbarschaften eine Art Street-Credibility als Design-Discounter zu erarbeiten, ist durchaus gelungen. (Besser jedenfalls als die rätselhafte Kampagne mit Nena für die Naturgut-Produkte.) Und ein schönes Zeichen dafür, dass Lebensmitteleinzelhandel keineswegs bedeuten muss, immer nur in Standards zu denken, die auf alle Verkaufsflächen anwendbar sein müssen.

Zumal Penny als Trendsetter schon vor Jahren für sich entdeckt hat, dass Discount-Eigenmarken nicht zwangsläufig billig aussehen müssen, sondern ganz im Gegenteil: manchmal schicker als so mancher Markenartikel.

Dass sich dabe eine gewisse Lücke zwischen Design-Realität und Produktqualität aufgetan hat, gehört aber auch zur Wahrheit. Die schönste Verpackung hilft wenig, wenn die Kartoffelchips, die drin stecken, bloß fettige Paprikapulvertransporteure sind. Und der Brötchenknast mit Fliesendeko mag der schönste im ganzen Viertel sein – am Ende muss aber natürlich vor allem die Warmhaltequiche schmecken, die sich der Kunde rausgeangelt hat.

Vielleicht wird das ja die nächste Penny-Mission, wenn sich bei der Kundschaft der Ruf als Street-Discounter erstmal gefestigt hat: die Arbeit am Geschmacksdesign.

Fotos: Supermarktblog


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Die Rache der Backtresore: Aldi Süd kommt mit „Meine Backwelt“ nur zögerlich voran

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Genau ein Jahr ist’s her, dass Aldi Süd seinen Kunden eine frohe Backbotschaft zu verkünden hatte. Künftig sollte es in den Filialen des Discounters eine deutlich größere Auswahl an frischem Brot und Brötchen geben:

„Vielfalt, Frische und Transparenz: Dafür steht das neue manuelle Backsystem von ALDI SÜD.“

Besagtes System hatte Aldi zuvor in einigen seiner Filialen getestet (siehe Supermarktblog) und statt der bisher verwendeten Backautomaten, aus denen auf Knopfdruck eine überschaubares Sortiment an Broten, Brötchen und Snacks herausklonkte, „Meine Backwelt“ eingebaut: ein Brötchenknastsystem, aus dessen Zellen sich Kunden ihre Wunschartikel selbst herausnehmen und eintüten konnten – ohne darauf zu warten, dass ihnen ein Automat die Aufbackware fertigfönt.

„Ob zum Frühstück, für die schnelle Mittagspause oder einfach zwischendurch: Das umfangreiche ‚MEINE BACKWELT‘ Sortiment bietet ofenfrische Backartikel für jeden Geschmack zum besten Preis-Leistungsverhältnis“,

jubilierte der Discounter in seiner Pressemitteilung und versprach, dass das Sortiment „je nach Standort (…) bis zu 40 Artikel“ umfassen werde, die in der Filiale frisch gebacken würden.

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Abhängig vom Zuspruch der Kunden wolle man das Sortiment in den darauffolgenden Monaten weiterentwickeln.

Damit war Aldi Süd der letzte Anbieter im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, der auf das (einst vom Konkurrenten Lidl forcierte) Brötchenknastsystem umschwenkte, um Kunden mit einem breiten Backsortiment in die Läden zu locken. Auch der Schwester-Discounter Aldi Nord baute zu diesem Zeitpunkt längst breite Brötchenknasts in seine Läden ein (und beweist dabei bis heute teilweise eine ganz erstaunliche Flexibilität).

Ein Jahr nach der Ankündigung ist die Umrüstung allerdings ins Stocken geraten. In Stuttgart hat Ende Januar ein Aldi Süd mit „Backwelt“ wiedereröffnet, Bonn-Röttgen bekam gerade eine spendiert und auch in Ostfildern-Ruit kann man sich schon auf die erweiterte Snack-Auswahl freuen.

In vielen Filialen, die Aldi Süd auf sein neues Ladendesign umstellt, ist zur „Wiedereröffnung“ aber doch wieder bloß die neueste Variante des Backtresors samt daneben gelegenem Snackregal eingebaut – aktuell etwa in Freiburg, Rothenburg, München, Kelsterbach, Bensheim, Solms, Bocholt, Düsseldorf, Kreuzau und Köln-Chorweiler.

In den dazu gehörigen Werbeprospekten wirbt Aldi lediglich mit einer Backauswahl, die „Immer frisch von früh bis spät“ zu haben sei (aus dem Automaten).

Wie kann das sein, wenn der Discounter doch eigentlich erkannt hat, mit dem neuen System viel besser auf die Bedürfnisse seiner Kunden reagieren zu können, wie es noch vor einem Jahr hieß?


Collage [M]: Aldi Süd/Smb

Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt das Unternehmen:

„Mit der Umstellung auf das manuelle Backsystem gehen unter anderem auch verschiedene bauliche Maßnahmen einher. Die Implementierung der BACKWELT ist auch daher ein mehrjähriger Prozess, den wir sukzessive umsetzen.“

Wieviele Läden bislang mit „Meine Backwelt“ ausgestattet wurden, will Aldi auf Anfrage nicht sagen, erklärt lediglich:

„Seit Beginn des Rollouts ist eine Vielzahl an Filialen mit MEINE BACKWELT ausgestattet worden. Auch in diesem Jahr wird das manuelle Backsystem in einigen Filialen integriert.“

Kein einheitlicher Aufback-Standard

In einigen Filialen? Klingt nicht so, als habe es der Discounter eilig damit, einen einheitlichen Back-Standard in seinem Ladennetz herzustellen.

Grundsätzlich sei die Umstellung zwar „in jeder ALDI SÜD Filiale möglich“; der Umbau müsse jedoch „in jeder Filiale individuell“ geplant werden, heißt es aus Mülheim an der Ruhr.

Dass der Wechsel vom bisherigen Automatensystem zum offenen Brötchenknast bauliche Herausforderungen mit sich bringt, ist unbestritten. Für „Meine Backwelt“ sind andere Voraussetzungen notwendig als für die Backautomaten. Das heißt aber keineswegs, dass das zwangsläufig aufwändiger wäre, wie Supermarktblog-Leser Jonas K. bereits Ende des vergangenen Jahres beobachtet hat:

„In einer erst im November nach Umbau wieder eröffneten Filiale in Duisburg-Laar gibt es (leider!) keine Backwelt sondern dort wurde der alte Automat durch ein ‚Backtresor-Snack-Ensemble’ ersetzt, es wurde an die andere Seite des Marktes gesetzt und allein dafür wurde ein sehr großes Stück an den alten Markt angebaut. Durch eine Glastür kann man von außen sogar die Technik hinter den Kulissen sehen, ein erschreckender Anblick (sehr viele Geräte) den man hinter dem relativ kleinen Schrank nicht erwartet.“

Offen bleibt, warum Aldi Süd im Zuge der Modernisierungen nicht die Chance nutzt, direkt die notwendigen Voraussetzungen für den erklärten neuen Standard zu schaffen.

„Neue Herausforderungen“ fürs Personal

Allein auf Umbauaufwand kann das kaum liegen. Naheliegend wäre, dass sich Aldi Süd sehr genau ansieht, an welchen Standorten sich eine erweiterte Backwarenauswahl tatsächlich auch lohnt (und an welchen eher nicht, z.B. weil die Konkurrenz in der Nähe überschaubar ist).

Denn mit „Meine Backwelt“ ist ein deutlich höherer Aufwand in den Filialen verbunden: Anders bei einem automatisierten System muss das Sortiment beim „manuellen Backen“ (wie der Name schon sagt) von Mitarbeitern im Laden selbst aufgebacken und vom Ofen in die Zellen geschubst werden; das sorgt im Zweifel dafür, dass die Kosten steigen – was im klassischen Discount (und ganz besonders bei Aldi) über Jahrzehnte um jeden Preis vermieden werden sollte.

Eher zögerlich räumt Aldi Süd ein, dass

„für unsere Mitarbeiter in den Filialen neue Tätigkeitsbereiche und Herausforderungen [entstehen]“.

Das wäre zumindest eine der plausibelsten Erklärungen dafür, dass „Meine Backwelt“ nicht direkt in alle modernisierten Filialen eingebaut wird – und im übrigen auch nicht automatisch in alle neuen: Selbst schicke Neubauten, in denen es nicht an Platz mangelt, wurden im vergangenen Jahr noch mit Backtresor-Snack-Ensemble ausgestattet.

Das ist umso kurioser, weil Aldi Süd zugleich erklärt:

„Das erweiterte Frische-Angebot im Backwarenbereich kommt gut bei unseren Kunden an.“

(Ob man in Filialen mit „Meine Backwelt“ mehr frische Backwaren verkauft als in solchen mit Backautomat, mag man allerdings nicht verraten.)

Aldis Zwei-Klassen-Backsystem

Kurzfristig wird Aldi Süd auf diesem Weg vielleicht Kosten sparen; mittelfristig führt die zögerliche Umbau-Strategie aber dazu, dass alle jetzt modernisierten Filialen, die weiterhin das bisherige System nutzen, später noch einmal angepasst und umgebaut werden müssen. Auch das kostet Geld.

Bis dahin pflegt der Discounter ein Zwei-Klassen-Backsystem, bei dem Kunden sich sehr genau überlegen müssen, in welcher Aldi-Süd-Filiale sie gerne einkaufen wollen: In einer mit mehr „Vielfalt, Frische und Transparenz“, wie sie im übrigen Lebensmitteleinzelhandel längst zum Standard geworden ist; oder in einer, wo der alte Backtresor so lange stehen bleiben muss, bis er seine Anschaffungskosten halbwegs wieder reingeholt hat.

Vielen Dank an Jonas K. und xrw, denen die Rache der Backtresore zuerst aufgefallen ist!

Fotos: Supermarktblog

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Nix gebacken gekriegt: Die schleichende Selbstabschaffung der Vorkassenbäcker

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Zum „Tag des Deutschen Brotes“ vor einer Woche hat die Deutsche Presseagentur (dpa) dem hiesigen Backhandwerk mal genauer in die Theken gesehen und zwischen „Brotgenuss“ und „Massengeschäft“ zwei ganz unterschiedliche Entwicklungen bemerkt.

Während es einerseits ein „Revival“, ach Quatsch: eine „Renaissance“! der klassischen Brotkultur gebe („heißt es in der Branche“), während Kund:innen in Großstädten zunehmend Wert auf Bio-Backwaren und wiederentdeckte alte Getreidesorten legten, müssten viele Bäckereien auf dem Land aufgeben. Denn: „Immer mehr Kunden bedienen sich an den ein, zwei Handvoll Brotsorten in den Drahtkäfigen der Discounter.“

(Gemeint sind natürlich: Brötchenknasts.)

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„‚Der größte Konkurrent ist heute, vor allem aufgrund seiner extremen Preispolitik, der Lebensmitteleinzelhandel mit unterschiedlichen Konzepten von Aufbackstationen‘, betont der Zentralverband [des deutschen Bäckerhandwerks]. Jedes dritte Brot kaufen die Bürger laut GfK im Discounter oder Supermarkt.“

Ist ja auch kein Wunder. Seitdem Lidl vor acht Jahren reihenweise Selbstbedientheken mit aufgebackenen Broten und Brötchen in seine Märkte integrierte (siehe Supermarktblog) und dafür im Zweifel sogar anbaute …

… sind die Brötchenknasts überall im deutschen Lebensmitteleinzelhandel wie heiße Brezeln aus dem Ofen geschossen (siehe Supermarktblog). Kundinnen und Kunden haben sich daran gewöhnt, ihre Semmeln, Schrippen, Wecken während des regulären Einkaufs aus verglasten Zellen selbst in bereitliegende Tüten zu rütteln. Daran sind die Discounter und Supermärkte aber gewiss nicht alleine schuld. Im Gegenteil: Ein Großteil der Bäcker hat kräftig mitgeholfen, zu dieser Entwicklung beizutragen – mit langweiligen Standardsortimenten, geschmacksneutralem Süßgebäck und Brötchen, die alle gleich aussehen und schmecken.

Riecht nach frischen Brötchen hier

Lidl hat derweil früh erkannt, dass frische Backwaren entscheidend dafür sein können, ob ein Markt zur Haupteinkaufsstätte für Kund:innen wird, die sich ihre Lebensmittel nicht (mehr) in unterschiedlichen Läden zusammensuchen wollen.

Bis dahin hatte sich der Discounter vielerorts auf Kooperationen mit regionalen Bäckereien verlassen, die in Vorräumen eigene Zweigfilialen betrieben (siehe Supermarktblog). Frische Backwaren direkt in den Markt zu holen, war zwar sehr viel aufwändiger (und teurer), hatte aber auch den Vorteil, dass es dort immer gut nach frischem Brot roch – mit positiven Auswirkungen auf die Kauflaune der Kund:innen. Inzwischen gehört der (stetig weiterentwickelte) Brötchenknast fast überall zur Standardausstattung und empfängt Kund:innen in neuen Filialen direkt am Ladeneingang (auf dem Foto in Wien).

Vor zwei Jahren habe ich mal versucht, herauszufinden, was diese Entwicklung für die Umsätze der regionalen Bäcker bedeutet, und welche Schlüsse sie womöglich daraus ziehen. Ich habe Bäckereien angefragt, die Vorkassenfilialen im Lebensmitteleinzelhandel betreiben, Vertraulichkeit zugesichert – aber Auskunft geben wollte: keine einzige. (Mit einer Ausnahme.) Inzwischen ahne ich, dass das nicht nur einer gewissen Vorsicht gegenüber den (damaligen) Partnern gelegen hat. Sondern auch an der generellen Ideenlosigkeit vieler Betriebe, die keinen blassen Schimmer hatten und haben, was ihnen ihre Kund:innen mit dem veränderten Kaufverhalten eigentlich sagen wollten.

Dass sie nämlich nicht mehr einsehen, Aufpreise für Standard-Backwaren zu bezahlen, die auch nicht schlechter schmecken, wenn sie im Discounter aufgebacken werden.

Das trifft natürlich längst nicht auf alle (Kund:innen und Betriebe) zu. Auch die von der dpa entdeckte „Renaissance“ des Brotgenusses gibt es gewiss; aber vermutlich eher als Randphänomen, das bislang eher selten in den Vorkassenbereich von Supermärkten vorgedrungen ist.

Handwerk wird zum Beiwerk

Dabei essen die Deutschen weiter liebend gerne Brot und Brötchen: Während die Umsätze im klassischen Bäckereihandwerk (vor allem bedingt durch große Bäckereiketten) stetig steigen, schrumpft die Zahl der Betriebe deutlich und dürfte in den kommenden Jahren erstmals unter 10.000 fallen. Die Zahl der Auszubildenden im deutschen Backhandwerk hat sich seit 2011 quasi halbiert (Quelle: Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, 2018). Im Supermarkt wird das Handwerk eher zum Beiwerk, wenn Mitarbeiter neben ihren übrigen Tätigkeiten Teiglinge in die Öfen schieben und SB-Theken befüllen.

Anstatt kleinere Brötchen sollten die Bäckereien doch einfach wieder bessere Brötchen backen, sagen Sie? So einfach ist das vielleicht nicht mehr. Weil sich ein Großteil der Backwarenverzehrer:innen zwischenzeitlich an sehr viel niedrigere Preise gewöhnt hat.

„[R]und 40 Prozent der Kunden interessieren sich weder für Gesundheit noch neue Trends“ im Lebensmittelmarkt, hat die dpa einer Umfrage von Uni Göttingen und Marketing-Beratung Zühlsdorf + Partner im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes entnommen. (Dieselbe Studie kommt aber auch zu dem Schluss, dass „der Anteil der preisbewussten Käufer geringer [ist] als derjenigen mit hohem Qualitätsbewusstsein“ – was nicht gerade der derzeitigen Marktentwicklung zu entsprechen scheint; hier gibt es das pdf mit den ausführlichen Ergebnissen.)

Im Lebensmitteleinzelhandel geht der Trend derzeit jedenfalls zu einer fast schon lächerlich riesigen Auswahl an Aufbackartikeln. Rewe bietet in seinem an den Markteingang verlegten Brötchenknastkonzept „Brot & mehr“ (siehe Supermarktblog) bis zu 60 verschiedene Backprodukte an.

In renovierten Kaufland-Filialen sind die SB-Theken bisweilen so groß, dass man beim Vorbeilaufen eine kleine Verschnaufpause einlegen muss.

Edeka Minden-Hannover schreibt „Marktbäckerei“ an City-Brötchenknasts dran.

Händler, die wenig Platz haben, werden kreativ.

Und selbst die Discounter quetschen aller Effizienztreue zum Trotz meterweise Backwaren in ihre Innenstadtfilialen, von Penny (Foto: Filiale am Berliner Ostbahnhof) über Netto (ohne Hund) mit der „neuen Backtradition“ bis zu Aldi Süd, das mit dem Ausbau seines „Meine Backwelt“-Konzepts zuletzt zwar nur schleppend vorankam (siehe Supermarktblog), aber einen kontinuierlichen Ausbau angekündigt hat.

Die Kund:innen scheinen sich derweil auch nicht durch kleingedruckte Zusatzstofflisten an den Zellen abschrecken zu lassen. (Aldi-Süd-Weizenbrötchen können zudem „Spuren von Eiern, Erdnüssen, Fisch, Lupinen, Milch, Schalenfrüchten, Sellerie, Senf, Sesamöl und Soja“ enthalten, da ist für jeden Allergiker was dabei.)

So ganz wollen vor allem die Supermärkte aber noch nicht vom etablierten Konzept des Vorkassenbäckers lassen. Als ich vor einiger Zeit bei Rewe anfragte, ob sich mit zunehmender Ausbreitung des „Brot & mehr“-Konzepts samt angeschlossenem „deli am Markt“ das Prinzip des Vorkassenbäckers erledigt habe, kam dazu aus Köln ein relativ deutliches Dementi:

„Der unabhängige Handwerksbäcker als Partner von REWE steht in keinster Weise zur Disposition. Im Gegenteil: Mit seiner individuellen Handwerkskunst, der Qualität und Frische seiner Produkte passt der Handwerksbäcker mehr als je zuvor 100 Prozent zur REWE Philosophie und ist damit eine wichtige Säule im Lebensmitteleinzelhandel.“

Die „lokale Stärke, Verwurzelung des Bäckers am Ort oder in der Gemeinde und seine Innovationskraft“ seien „unverzichtbar“.

Bitte mehr Back-Snacks

Allerdings haben sich in den vergangenen Jahren die Erwartungen an Kooperationspartner deutlich verändert, erläutert der Geschäftsführer einer großen deutschen Bäckereikette im Supermarktblog-Gespräch. Die Händler würden immer stärker darauf drängen, dass Bäckereien sich stärker auf verzehrfertige Back-Snacks und kleine Mahlzeiten fokussieren, um sich neuen Kundengewohnheiten anzupassen (und die Händler von dieser Pflicht zu befreien). Diese Anforderungen können oder wollen aber nicht alle Partner gleichermaßen erfüllen.

Selbstverständlich gibt es Ausnahmen: regionale Bäcker und selbstständige Kaufleute, die schon früh erkannt haben, dass es nicht mehr reicht, Angestellte zwischen eine Wand aus Kastenweißbroten und einen Burggraben aus Weißmehlbrötchen zu stellen.

Wenn Sie solche Bäcker im Supermarkt und/oder Händler:innen mit backgastromomischen Ambitionen kennen: Teilen Sie Ihr Wissen doch bitte mit uns in den Kommentaren! (Für Berlin fallen mir da leider nur sehr wenige gute Beispiele ein.)

Dennoch scheint die Entwicklung der vergangenen Jahre auch Anzeichen dafür zu sein, dass sich die klassische Kooperation von Lebensmitteleinzelhandel und Vorkassenbäcker ein Stück weit überlebt hat. Für den Discount gilt das schon seit längerem: Lidl hat inzwischen sämtliche Back-Avancen gegenüber früheren Partnern eingestellt; selbst bei Netto (mit Hund), wo die Kooperation mit Regionalbäckereien lange fester Konzeptbestandteil war, lichten sich mancherorts die Backtheken.

Auch große Bäckereiketten haben notwendige Weiterentwicklungen verschlafen und sind dadurch in Schwierigkeiten geraten. Im Januar ist bspw. das Insolvenzverfahren für Lila Bäcker mit Filialen in Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern (lange auch in Vorkassenzonen von Discountern) eröffnet worden. Ein neuer Investor wurde bislang nicht gefunden.

Andere haben begriffen, dass sie mit der Zeit gehen müssen, gemütliche Sitzgelegenheiten anbieten, besseren Kaffee und aufwändigere Snacks verkaufen, um sich gegen den Handel zu behaupten. Dafür, das auf beengten Flächen im Supermarkt zu tun, gibt es immer weniger Gründe.

Alle gucken beieinander ab

„Der Markt für Backwaren ist immer ein lokaler Markt mit lokalen Bedürfnissen“,

hat mir Nikolas Niebuhr, Geschäftsführer der Hamburger Coffeeshop-Kette Balzac, Anfang des Jahres im Gespräch für holyEATS gesagt. Niebuhrs Aufgabe ist es, Balzac auf das (für Deutschland angepasste) Konzept von Espresso House umzustellen, das in Skandinavien ziemlich erfolgreich ist und Balzac vor zwei Jahren übernommen hat (pdf), um nach Deutschland zu expandieren.

(Espresso House gehört zur JAB Holding der deutschen Unternehmerfamilie Reimann, die sich in den vergangenen Jahren ein internationales Kaffeeketten-Imperium zusammengekauft hat.)

Die zu Espresso House umgebauten Läden sollen mehr Aufenthaltsqualität bieten und durch höhere Kaffeekompetenz glänzen. Das scheint zu funktionieren. „Vielleicht können das die Bäcker alles auch – in zehn Jahren“, meint Niebuhr. Aber genau diesem Anpassungsprozess müssen sich alle Marktteilnehmer stellen, wenn sich alle, alle permanent bei den Konzepten der Konkurrenz bedienen – die Lebensmittelhändler bei den (SB-)Bäckereien, die großen Bäckereiketten bei den Coffeeshops, die Coffeeshops in der klassischen Gastronomie.

(Man muss diesen ganzen Zirkus als Bäcker:in natürlich nicht mitmachen. Aber das geht nur, wenn man wirklich sehr, sehr gute Backwaren in der Auslage hat, für die Kund:innen bereit sind, den Brötchenknast im Laden links liegen zu lassen und sich in der Vorkassenzone nochmal anzustellen.)

Oder lieber ganz anders?

Auch viele Handelsketten tun sich derzeit noch schwer damit, die einst für Vorkassenbäcker reservierten Flächen zu modernisieren oder anders zu nutzen. Das lässt sich schön an den (auch nicht gerade als Hort der Backkreativität bekannten) ehemaligen „Backstops“ von Kaiser’s Tengelmann erkennen.

Die wurden vor zwei Jahren in den von Edeka übernommenen Märkten vielerorts einfach zu „E Backstuben“ umbenannt. (Mit angepasstem Sortiment der Edeka-eigenen Backtöchter.)

Rewe wiederum hat einen Teil der Theken an Bäckereiketten aus der Region abgegeben – die trotz der neu in die Märkte gebauten XXL-Brötchenknasts (siehe Supermarktblog) zuversichtlich scheinen, dort noch ausreichende Umsätze erzielen zu können.

Aber so richtig erschließt sich vielen Kunden die Backdoppelung aus Brötchenknast und separater Backtheke nicht mehr. Die Vorkassenbäcker haben sich im Laufe der Jahre ein Stück weit selbst abgeschafft.

Die Best-of-Bio-Bäcker

Dabei gäbe es durchaus interessante Alternativen: Die naheliegendste machen seit jeher Biomarktketten wie denn’s Biomarkt, Bio Company und Alnatura vor, die sich für ihre Theken in der Vorkassenzone von mehreren Handwerksbäckereien aus der jeweiligen Region beliefern lassen und dadurch eine Vielfalt vom Dinkel-Saaten-Brötchen bis zum Gemüsetörtchen bieten können. Kombiniert mit warmen Mittagsangeboten eignen sich die Best-of-Bio-Bäcker sehr gut als Anziehungspunkt für den Markt. Keine Ahnung, warum sich die sonst auch nicht kopierscheuen Supermärkte dieses Prinzip nicht schon längst abgeguckt haben.

Und im Ausland gibt es bereits zahlreiche Händler, die Partnerschaften für den Vorkassenbereich von Grund auf neu denken. Der Platz dafür ist da, er muss bloß kreativ genutzt werden.

Wie das funktionieren kann und welche Kooperationen Supermärkte dafür eingehen, steht als nächstes hier im Blog.

Und ich freue mich über Hinweise auf gute Vorkassenbäcker und -konzepte – am besten gleich weiter unten in den Kommentaren.

Fotos: Supermarktblog

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Modernisierung oder Werte-Widerspruch? Bio Company testet To-Go-Mahlzeiten und Selbstbedienung für Backwaren

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Um verstärkt Käufer:innen von Bio-Lebensmitteln zu gewinnen, bedienen sich klassische Supermärkte und Discounter seit einiger Zeit großzügig bei den Strategien des Bio-Fachhandels – und kopieren diese für die eigenen Märkte (siehe Supermarktblog). Bio Company, mit 57 Filialen in Berlin und Brandenburg die größte unter den Regional-Biomarktketten, testet nun, ob das auch umgekehrt funktioniert: Indem sich der Fachhandel das abguckt, was bei den Konventionellen schon funktioniert.

Seit kurzem verkauft Bio Company unter dem Namen „Take it easy“ fertige Sandwiches, Gemüse-Bowls, Salate und Desserts zum Mitnehmen. Das „Bio-Proviant für unterwegs“ ist Eigenmarken wie Rewe to go nachempfunden und steht bislang in den Kühltheken von sieben Berliner Märkten.

Bio Company wirbt damit, dass alle Gerichte aus „hochwertigen und veganen Bio-Zutaten“ produziert werden („natürlich und easy“). Hersteller ist die Biomanufaktur Havelland.


Gleichzeitig heben sich die Rezepturen deutlich von dem ab, was der klassische Lebensmitteleinzelhandel als Sofortessen verkauft. Angeboten werden z.B. Süßkartoffelsalat mit Jackfrucht-Bällchen, eine Protein Bowl mit Tempeh, Hirse, Avocado, Spinat, Tahin und Walnüssen und eine Linsen-Curry-Bowl. Dazu gibt es einen Mediterranen Wrap mit Cashew-Frischcreme, ein Kichererbsen-Sandwich mit Staudensellerie und Algen-Aufstrich, Blumenkohl-Sellerie-Suppe und Kakao-Creme mit Avocado. Wer lieber einen einfachen Salat mag, kriegt den aber auch.

Alle Gerichte werden bis Ende September als „Probier-Angebot“ zwischen 3,99 und 6,95 Euro verkauft. Regulär will Bio Company anschließend bis zu 8,95 Euro für die „Take it easy“-Gerichte aufrufen – das dürfte am oberen Rand dessen liegen, was Kund:innen für eine Mittagsmahlzeit aus dem Supermarkt auszugeben bereit sind.

Bio-Brot zum Selbsteintüten

Eine weitere Neuerung betrifft die Bedientheken für Backwaren, die in den meisten Bio-Supermärkten mit Produkten unterschiedlicher Bäckereien und Partner gefüllt werden. Testweise verlagert Bio Company nun einen Großteil dieses Angebots in die Selbstbedienung.

Dafür hat die Kette Brötchenknasts in zwei Filialen integriert. Dort können bzw. müssen Kund:innen sich frische Brötchen und Brote nun selbst herausnehmen. Belegte Brötchen, Snacks, Kaffee und Kuchen werden weiterhin in Bedienung an der verkürzten Theke verkauft – mit direktem Anschluss an das SB-Regal.

Damit finden die im Discount etablierten und von Supermärkten adaptierten SB-Regale langsam auch Einzug in den Bio-Fachhandel – auch Wettbewerber Alnatura testet in seiner Filiale am Leipziger Hauptbahnhof bereits, wie das bei den Kund:innen ankommt (siehe Supermarktblog).

Damit geben die Händler freilich ein Stück der Beratungskompetenz ab, auf die man sich in der Branche sonst gerne zur Unterscheidung beruft. Gleichzeitig dürften sich durch die Selbstbedienung für häufig gekaufte Backwaren Warteschlangen vermeiden lassen, weil die allermeisten Kund:innen nicht mehr für ein Brötchen oder ein Brot anzustehen brauchen. (Es sei denn, sie tun das doch noch, um sich z.B. das richtig Brot empfehlen zu lassen.) Dafür müssen Brote nun an der integrierten Brotschneidemaschine selbst geschnitten werden.

Die Neuerungen sind Chance und Risiko zugleich: Einerseits dockt Bio Company damit an Gewohnheiten an, die Kund:innen aus Supermärkten und Discountern kennen und adaptiert sie für das eigene Klientel.

Andererseits könnten viele Bio-Stammkäufer:innen diese Annäherung auch kritisch beurteilen – weil sie nicht so recht zu der sonst kommunizierten Strategie passt. Auch Bio Company hat sich die Vermeidung von Verpackungsmüll groß auf die Fahnen geschrieben und wirbt über seine Kanäle für entsprechende Initiativen: beim Obst- und Gemüsekauf, an der Frischetheke, durch Nachfüllstationen („Unser Engagement gegen Verpackungsmüll“). Wie erfolgreich man damit sei, „hängt nicht zuletzt davon ab, ob Sie als Kund*innen das Angebot annehmen und an dieser Stelle Verpackungsmaterial bei Ihrem Einkauf einsparen!“, kolumnierte Bio-Company-Geschäftsführer Georg Kaiser im vergangenen Jahr.

Mehr Müll, aber gutes Gewissen?

Die „Take it easy“-Gerichte produzieren jedoch zwangsläufig zusätzlichen Müll; auch wenn die Handelskette auf der Verpackung der Gerichte vorsorglich darauf hinweist, dass diese „aus nachwachsenden Rohstoffen“ bestehen:

„für doppelte Freude am Produkt und einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck. Also lehn Dich mit gutem Gewissen zurück und Take it Easy“.

Noch besser könnte das Gewissen freilich sein, wenn Bio Company die Innovationsfähigkeit, die man in der Bio-Branche sonst ebenfalls gerne für sich in Anspruch nimmt, beschworen hätte – und die neuen Mahlzeitenangebote von vornherein mit der Einführung eines Mehrwegbehälter-Angebots kombiniert hätte, ähnlich wie Coop in der Schweiz.

Noch interessanter dürfte sein, wie Bio Company seinen Kund:innen erklären will, warum man einerseits für Plastikreduktion wirbt, an den Brötchenknasts aber wie im Discounter Einweghandschuhe zur Entnahme der Produkte und Papiertüten mit Foliensichtfenster zum Transport anbietet. Das war bislang durch die Thekenbedienung so nämlich nicht notwendig.

Auf Supermarktblog-Anfrage möchte sich Bio Company nicht konkreter zu den Neuerungen und den Plänen für eine mögliche Ausweitung äußern. Eine Sprecherin erklärt, es handele sich „um Testprojekte“:

„Wir bitten um Verständnis, dass solange uns hier noch keine Auswertungen vorliegen, wir dazu auch keine weiteren Aussagen treffen können.“

Bioketten müssen sich bewegen

In jedem Fall kommen die Tests zu einem hochinteressanten Zeitpunkt. Das liegt zum einen daran, dass der konventionelle Handel – wie erwähnt – den Bio-Fachhändlern einen Teil ihrer bisherigen Alleinstellungsmerkmale albgespenstig macht. Lidl arbeitet seit diesem Jahr mit dem Anbauverband Bioland zusammen, um seiner Kundschaft hochwertigere Bio-Produkte anzubieten.

Der Branchenkenner Klaus Braun findet, dass es „natürlich zu begrüßen [ist], wenn in allen Vertriebswegen Lebensmittel aus ökologischem Anbau angeboten werden“. Wie Braun im Fachmagazin bio-markt.info schreibt, glaubt er aber auch, dass diese Allianz (und alle, die darauf folgen) Konsequenzen für den Markt haben wird:

„Am stärksten gefährdet von dieser Entwicklung sind meines Erachtens die filialisierten Biomärkte, die als zentral gesteuerte Regiebetriebe systembedingt am weitesten entfernt sind von einer persönlichen, individuellen, Vertrauen, Wohlgefühl und ‚Heimat‘ gebenden Einkaufsstätte.“

Er meint: Handelsketten wie Bio Company – die deshalb quasi gezwungen sind, sich ebenfalls weiterzuentwicklen.

Wie konventionell darf Bio sein?

Gleichzeitig eskaliert in der Branche gerade die Diskussion darüber, wie sehr es den kleinen Bio-Fachhändlern schadet, wenn die großen Bio-Ketten immer stärker so agieren wie die Händler, von denen sie sich ursprünglich abgrenzen wollten (siehe dazu auch diese Supermarktblog-Analyse). Vor einigen Wochen publizierten die Betreiber:innen des Berliner Biomarkts bioase44 einen „Offenen Brief“ an die Branche, in dem sie mangelnde Solidarität mit den kleinen Fachhändlern beklagen, die sich zunehmend an den Rand gedrängt fühlen – insbesondere, weil Ketten wie Bio Company, Alnatura und denn’s ihnen mit Neueröffnungen in der Nähe die Kundschaft streitig machen (PDF lesen).

(Die Geschäftsführer der Bio-Handelsketten haben die Argumente bislang eher halbherzig zu entkräften versucht.)

Die Autor:innen des Offenen Briefs schreiben:

„Wenn wir aus Angst vor dem konventionellen Lebensmittelmarkt unsere Werte verlieren und die gleichen Mechanismen anwenden, haben wir aus unserer Sicht bereits verloren. Dann gibt es nichts mehr, was uns unterscheidet.“

Die (vermutlich notwendigen) Bestrebungen der Bio-Supermarktketten, sich erfolgreiche Konzepte bei klassischen Supermärkten und Discountern abzugucken, dürften diese Diskussion noch zusätzlich verschärfen.

Mehr zu den Umwälzungen in der Bio-Branche steht in den kommenden Wochen hier im Blog.

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Burger bei Lidl, Regionales bei Aldi, Rabatte bei Netto (ohne Hund): Kundenkampf am Brötchenknast

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Frische Brötchen aus dem Discounter? Sind doch selbstverständlich, sagen Sie. Stimmt ja auch. Über acht Jahre ist es her, dass Lidl erst zögerlich, dann aber in großem Stil Backwarenvollzugsanstalten in seine Läden baute, um Kund:innen mit aufgebackenem Brot und Brötchen zu locken. Dafür schreckte die Handelskette weder vor notwendigen Marktanbauten noch der Trennung von regionalen Bäckereipartnern zurück.

Heute sind Brötchenknasts, deren Angebot im Laufe der Zeit zunehmend größer geworden ist, aus dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel nicht mehr wegzudenken – und sie setzen die Bäcker in der Vorkassenzone gehörig unter Druck (siehe Supermarktblog).

Weil frische Backwaren inzwischen so fraglos zum Sortiment sämtlicher Supermärkte und Discounter dazu gehören, ist es für die Handelsketten auch schwieriger geworden, sich damit von Wettbewerbern abzuheben. Immer mehr Knusperkrustis und Bauernglückbrote in die riesigen Zellen zu kippen, kann auf Dauer keine Lösung sein. Deshalb probieren (vor allem) die Discounter derzeit die nächsten Stufen der Differenzierung aus.



1. Rabatte

Wer morgens früh zur Arbeit muss und wenig Zeit zum Daheimfrühstücken hat, geht unterwegs einfach zum Bäcker – oder halt: in den Discounter. Mit seinem „Frühaufsteher-Rabatt“ hilft Netto (ohne Hund) da gerne ein bisschen nach und verspricht 50 Prozent Rabatt z.B. auf Kaiserbrötchen und Croissants, sofern die zwischen 7 und 8 Uhr aus dem Brötchenknast geangelt werden.

Um seine teilweise auf 7 Uhr vorgezogenen Öffnungszeiten zu bewerben, lobte kürzlich auch Aldi Nord 30 Prozent auf ausgewählte Backwaren zwischen 7 und 8 Uhr morgens aus – und gab denselben Rabatt nochmal auf das komplette Brötchensortiment zwischen 20 und 21 Uhr, „für Nachtschwärmer“. (Was durchaus dabei geholfen haben könnte, die Aufbackzellen bis zum Feierabend leer zu kriegen, ohne zuviel Übriggebliebenes wegwerfen zu müssen.)

Inzwischen scheint die räumlich beschränkte Kampagne („nur gültig in dieser Verkaufsstelle“) aber wieder beendet zu sein.

Netto (ohne Hund) bleibt hingegen dabei und verspricht, „jetzt dauerhaft“ „Frühaufsteher-Rabatt“ zu geben. Vermutlich in der Hoffnung, dass die in den Laden gelotsten Sparbrötchen wenigstens auch gleich noch den Belag zu ihren Billigbackwaren einkaufen.

Lidl rabattiert bislang nur Aufbackwackwaren vom Vortag und hebt günstige Artikel am Brötchenknast in einzelnen Filialen mit neonfarbener Einfassung und „Dein Lidl-Preis“-Kennzeichung hervor.

2. Bio

Die Edeka-Discount-Tochter (ohne Hund) nutzt darüber hinaus ihre Eigenmarke BioBio, um frische Brote in Bio-Qualität zu verkaufen.

Lidl ist nachgezogen und kennzeichnet das bislang überschaubare Angebot – Bio-Steinofenbröcthen und Bio-Körner-Krusti – gut sichtbar mit einem großen grünen Bio-Zusatzschild. Warum sollten sich Kund:innen, die von der Bioland-Partnerschaft für Joghurt, Käse, Milch usw. angelockt wurden, mittelfristig nicht auch dafür begeistern lassen, Bio-Backwaren im Discounter zum kaufen?

Konsequent setzt das bereits die österreichische Aldi-Tochter Hofer um, die in ihre Selbstbedienung Backwaren integriert hat, die den klar formulierten Ansprüchen der Bio-Eigenmarke „Zurück zum Ursprung“ genügen (mehr dazu steht hier und hier im Supermarktblog).

3. Snacks

Frisch belegte Brötchen anzubieten, ist den Discountern verständlicherweise (noch) zu aufwändig. Aber alles, was sich als herzhafter Zwischendurchsnack im Ofen aufbacken lässt, ist inzwischen als Zusatzangebot im Brötchenknast willkommen. Lidl bietet z.B. Schinken-Käse-Croissants, Pizzazungen mit Käse und Schinken, Spinat- oder Käse-Börekstangen, Currywurstsnacks, „Pizza Margherita“, Knusperstangen mit Zwiebeln und Hot Dogs.

U.a. in Spanien geht der Discounter sogar noch einen Schritt weiter und will künftig – wie berichtet – in neuen Läden zur Mittagszeit auch Burger und Chicken Nuggets aufbacken. Ähnliche Tests laufen seit längerem auch in Filialen in deutschsprachigem Raum, z.B. in der Schweiz.

Wie Supermarktblog-Leser aus Nordrhein-Westfalen berichten, wirbt der Discounter zudem in Aachen und Köln für das erweiterte „Hot to go“-Angebot und bietet „Heiße Snacks zu Hammerpreisen“.


Foto [M]: Neu im Laden/Smb

Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt Lidl, „unter ‚Hot to Go‘ zum Beispiel Pizza, Burger, Hot Dogs, Wraps oder Chicken Nuggets“ in einigen Läden zu testen, um den „veränderten Kundenbedürfnissen nach (…) [einem] unkomplizierten Verzehr zwischendurch“ gerecht zu werden. Dazu, wie umfassend dieses Tests ausfallen, hält man sich aber bedeckt.


4. Regionales

Aldi Süd versucht derweil, an alte Kund:innen-Gewohnheiten anzuknüpfen und integriert zunehmend Backwaren regionaler Bäckereien in sein SB-Angebot „Meine Backwelt“. Im Raum München ist Supermarktblog-Leser Sven L. die Werbung für „Frische aus der Region“ aufgefallen, die Aldi Süd gemeinsam mit dem Partner Bäckerei Bachmeier aus Eggenfelden im Laden bewirbt.

Das Auswahl fällt dabei ziemlich umfangreich aus, wie z.B. hier zu sehen ist. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt eine Sprecherin des Discounters:

„Aktuell bestehen vier Kooperationen mit regionalen Bäckern in Süddeutschland. Wir beobachten und analysieren derzeit die Entwicklung der Kooperationen in den genannten Gebieten.“

Man wolle mit den Angeboten stärker „auf den Wunsch unserer Kunden [eingehen], die sich mehr Produkte aus ihrer Region wünschen“. Die Sortimentsbreite hänge dabei „sehr stark von dem Angebot des regionalen Partners und der Nachfrage durch die Kunden ab“. Ob die Backwaren fertig gebacken oder als Rohlinge angeliefert und im Laden fertig gebacken werden, verrät Aldi Süd nicht, sagt aber:

„Aktuell testen wir bei der Anlieferung und Zubereitung der Backwaren unterschiedliche Szenarien.“

Die „Lebensmittel Zeitung“ kennt auch die weiteren Partner (Abo): Bäcker Griesinger aus Eggenstein-Leopoldshafen (im Raum Karlsruhe), Leo der Bäcker mit der Marke Smekka (Aachen) sowie Großbäcker Harry Brot mit Regionalmarken. Die von Aldi beworbene „Frische aus der Region“ kommt also tendenziell eher nicht vom kleinen Handwerksbäcker aus der Nachbarschaft. (Auch der „Familienbetrieb“ Bachmeier verfügt z.B. über eine dreistellige Zahl eigener Filialen – und lieferte zuvor bereits Backwaren für die teilweise ausrangierten Aldi-Süd-Backautomaten.)

Die LZ meint zudem, dass die Kooperationen nicht ausschließlich vom Wohle der Kunden inspiriert sei: Nach der Pleite des bisherigen Lieferanten Kronenbrot im Vorjahr habe sich bei Aldi Süd eine „Versorgungslücke“ ergeben, die teilweise über die neue Strategie geschlossen werden solle.

Ihnen sind ebenfalls Besonderheiten im Brötchenknast Ihres Vertrauens aufgefallen? Dann schicken Sie mir doch einen Hinweis per Mail oder teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns in den Kommentaren!

Danke für Hinweise und Bilder an Sven B., Sven L und Neu im Laden.

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Der Beitrag Burger bei Lidl, Regionales bei Aldi, Rabatte bei Netto (ohne Hund): Kundenkampf am Brötchenknast erschien zuerst auf Supermarktblog.

Aldi Süd und die Kooperation mit regionalen Bäckereien: Ausweitung der Backzone

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Partner und Sponsoren:
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Was spricht eigentlich dagegen, dass Deutschland umsatzstärkste Bäckereikette mit Deutschlands umsatzstärkster Discount-Gruppe kooperiert? Also, mal abgesehen davon, dass man sich bislang einen harten Kampf um die Backwaren-affine Kundschaft geliefert hat? Genau: nichts. Deshalb verkauft Aldi Süd seit Anfang März die Greatest Hits von Kamps: Oberländer Brot und Streuseltaler, Franzbrötchen und Kamps Eck, täglich frisch gebacken in die Filialen geliefert.

Aktuell läuft die Kooperation zwar lediglich für 13 Aldi-Süd-Märkte im Raum Mönchengladbach. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Kamps aber, es seien „bereits weitere Standorte in Planung“:

„Um die Kooperation auszubauen kommen die ersten bereits im Juni dazu.“

Insgesamt äußert sich eine Kamps-Sprecherin zufrieden. Man freue sich sehr, „dass die Resonanz und das Feedback der Kunden so positiv ausfällt und viele Produkte so gut angenommen werden von den Kunden bei ALDI“.


Die Kamps-Originale erhalten in den Läden ihren eigenen Platz im „Meine Backwelt“ getauften Thekenensemble, das der Discounter vor drei Jahren zum neuen Standard erklärt hat, und in dem weiterhin auch vor Ort aufgebackene Brote, Brötchen, Snacks und Süßgebäcke bereitliegen. In Filialen, die noch über einen der klobigen Backautomaten verfügen (siehe Supermarktblog), gibt es die Auswahl laut Kamps „in einer zusätzlichen Backwarenausgabe“ daneben.

Zum selben Preis wie beim Bäcker

Aktuell werden 18 unterschiedliche Produkte verkauft, außer klassischen Backwaren auch Snacks wie überbackene Brötchen. Die Backwaren sind identisch mit denen, die in regulären Kamps-Bäckereien verkauft werden, daher sei es „selbstverständlich, dass auch die Preisstruktur identisch ist“:

„Nur minimale Abweichungen sind durch die ALDI-Preisstruktur mit 99-er Endungen möglich.“

Männer, die vor Backwaren stehen: Im Raum Mönchengladbach kooperiert Aldi mit der Bäckereikette Kamps; Foto: Kamps

Kamps ist einer der jüngsten Neuzugänge in Aldis Backensemble, das der Discounter im Verlauf der vergangenen Jahre weiterentwickelt hat, um den Rückstand im lange vernachlässigten Sortiment aufzuholen – und der Konkurrenz diesmal sogar einen Schritt voraus zu sein.

Alle großen Discount- und Supermarktketten müssen sich damit auseinander setzen, mit welchen Zusatznutzen sie die Kundschaft ausgerechnet zu sich in den Laden locken – schließlich gehört frisch (auf)gebackenes Brot längst auch im Discount zum Standard (siehe Supermarktblog). Aldi Süd hat sich entschieden, zu diesem Zweck eine Symbiose mit denen einzugehen, die dem Händler lange eher in Rivalität verbunden waren: den regionalen Bäckern.

Zehn Jahre ist es her, dass sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gerichtlich dagegen zur Wehr setzte, dass Aldi Süd behauptete, aus seinen damals aufgestellten Backautomaten würden Produkte fallen, die „frisch gebacken“ seien. Es handele sich „beim Fertigungsverfahren in den Aldi-Süd-Filialen nicht um einen Backvorgang“, war man überzeugt.

Allianz für „Frisches von nebenan“

Am Ende durften die Automaten zwar trotzdem stehen bleiben; glücklich wurde der Discounter damit aber nicht, weil die opulenten Auslagen der Konkurrenten sehr viel erfolgreicher waren.

Nun hat man die regionalen Bäcker zu Verbündeten gemacht und verkauft deren Backwaren neben den eigenen. Vor gut einem Jahr hatte das Unternehmen auf Supermarktblog-Anfrage noch erklärt, man teste zunächst vier Kooperationen in Süddeutschland. Seitdem sind die Partnerschaften übers ganze Vertriebsgebiet hinweg ausgeweitet worden: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland. Nach eigenen Auskünften lassen sich regionale Backwaren in über 1.000 Aldi-Süd-Filialen kaufen. Dafür wurden Kooperationen mit 44 regionalen Betrieben geschlossen.

Im Wochenprospekt warb Aldi bereits im Februar ganzseitig für seine Back-Partnerschaften (damals noch ohne Kamps); Ausriss [M]: Aldi/Smb

Aldi kann sich mit dem erweiterten Angebot hervorragend von Lidl, Penny und Netto (ohne Hund) abgrenzen. Und werben lässt sich mit der Regionalkompetenz ebenfalls hervorragend: „Frisches von nebenan“ und „Bäckerhandwerk aus deiner Region“ werden stolz auf Schilder, Plakate, Flyer und in Wochenprospekte gedruckt.

Online holt Aldi noch weiter aus und argumentiert, man könne Kunden durch die Initiative „auf kleinere Betriebe aus der Region aufmerksam“ machen, „heimisches Backhandwerk“ unterstützen und „heimatliche Geschmacksknospen reaktivieren“. (Wer auch immer die vorher verschlossen haben mag.) So würden die Kund:innen „ganz nebenbei die lokale Landwirtschaft und Entwicklung der Region“ fördern.

An den Backtheken sind die Partner-Hinweise kaum zu übersehen; Foto: Smb

Mehr Verkaufsstellen ohne zusätzliches Personal

Damit lehnt man sich in Mülheim an der Ruhr aber doch arg weit aus dem Fenster. Unter den Kooperationspartner:innen mögen zweifellos auch kleinere Bäckereien sein; in der Übersicht finden sich aber vor allem zahlreiche Betriebe, die längst selbst zur Kette geworden sind, über eine große Zahl an Filialen verfügen und diese teilweise bereits in der Vorkassenzone der Konkurrenz betreiben (wie z.B. die Bäckerei Bolten in Duisburg). Kamps gehört beispielsweise seit 2015 zur französischen Bäckerei-Café-Kette Groupe Le Duff.

Die Vorteile der Kooperation für die Bäckereien liegen auf der Hand: Viele Kund:innen haben sich unwiderruflich daran gewöhnt, frisches Brot einfach bei ihrem Einkauf im Discounter mitzubringen – und wenn die Chance besteht, dass sich dort jemand für die Backware des klassischen Bäckers entscheidet, wäre es töricht, sie nicht zu ergreifen.

Zugleich erweitern die Bäcker:innen damit ihr Vertriebsgebiet, ohne dafür neue Filialen eröffnen und Personal anstellen zu müssen.

Die Partnerschaft ist der endgültige Siegeszug des Brötchenknasts, der aus dem Lebensmitteleinzelhandel kaum noch wegzudenken scheint. Und hat für Aldi noch dazu den praktischen Nebeneffekt, die täglich angelieferte Ware nicht mehr von den eigenen Mitarbeiter:innen aufbacken lassen zu müssen, das spart Zeit.

Auch Edeka schielt auf Regio-Partner

Die Supermärkte beobachten die Entwicklung im Discount gespannt, zumal viele Filialen nach wie vor über Vorkassenbäcker im Eingangsbereich verfügen, die entweder an regionale Bäckereien verpachtet sind – oder, wie bei Edeka, nur so aussehen und von den selbstständigen Kaufleuten unter den Edeka-eigenen Bäckermarken (Schäfer’s, K&U usw.) mitbetrieben werden. Unabhängige Bäcker:innen berichten, dass Edeka-Kaufleute sich darum bemühen, ebenfalls Partnerschaften mit regionalen Bäckereien einzugehen: 30 Prozent der Backwaren in der Auslage dürften sie für deren Produkte verwenden.

Viele sind aber skeptisch und fürchten, ihr Name werde vor allem für Marketingzwecke benötigt. Ein Bäcker, der ungenannt bleiben möchte, fragt:

„Kann der Kunde denn nachher unterscheiden, was vom Bäcker X kommt, und was von K&U?“

Dazu kommt die Befürchtung, dass seitens der Händler vor allem zusätzliche Backwaren mit geringerer Wertschöpfung gefragt sein könnten – während die Händler Produkte mit höherer Spanne weiterhin selbst anbieten und verkaufen.

Womöglich vollzieht sich da aber auch gerade ein Wandel zu einem Prinzip, das zumindest im Bio-Fachhandel bereits hinlänglich etabliert ist: Handelsketten wie Alnatura und Denn’s Biomarkt verkaufen an den – selbst betriebenen – Backtheken seit langem Backwaren unterschiedlicher Bio-Bäcker aus der Region, die als Absender in der Regel bloß auf den Preisschildern ihrer Waren auftauchen, dafür aber sehr viel mehr verkaufen können als über die eigenen Läden.

Lidls Bäckerei-Test in der Schweiz

Derselben Taktik bedienen sich zunehmend auch Lebensmittellieferdienste: Amazon Fresh hatte von Anfang an frische Backwaren von regionalen Bio-Bäckereien im Sortiment; und die Quick-Commerce-Start-ups Gorillas und Flink radeln auf Wunsch ein am selben Tag gebackenes Bio-Vollkornbrot innerhalb von zehn Minuten nachhause.

Dass Kooperationen wichtiger werden, hat auch Backtheken-Pionier Lidl erkannt – allerdings zunächst in der Schweiz. Dort kündigte die Discountkette Anfang März eine Partnerschaft mit der Traditionsbäckerei Gassler aus Grenchen an. Die liefert seitdem Gräncherbrot, Solothurnerbrot, Steinofen Brügeli und Ankezüpfe (Butterzöpfe) zum Verkauf in 26 Schweizer Lidl-Filialen zwischen Neuenburg, Pruntrut, Basel und Bern. Im Erfolgsfall sei vorstellbar, das Konzept auf weitere Regionen auszuweiten.

Ob es dazu kommt, will man auf Supermarktblog-Anfrage noch nicht verraten. Eine Lidl-Schweiz-Sprecherin erklärt lediglich:

„Wir freuen uns sehr, dass unser neues regionales Konzept mit dem Gassler-Beck auf reges Interesse stösst. Wir befinden uns aber immer noch in der Startphase und optimieren laufend. Aktuell können 16 sehr hochwertige und handwerklich hergestellte Brote gekauft werden.“

Die Ausweitung werde „derzeit geprüft“.

Und es wird interessant zu beobachten sein, ob Lidl auch hierzulande entsprechende Tests startet. Das hätte nochmal eine besondere Ironie, weil der Discounter im Zuge seines Strebens zum selbstständigen Aufbäcker einstige Partnerschaften mit Regio-Bäckern für separate Verkaufsräume an den Filialeingängen erst vor wenigen Jahren beendet hatte. [Siehe dazu Nachtrag am Ende des Texts.]

Netto (ohne Hund) backt mit Markennamen

Netto (ohne Hund) versucht sich derweil mit Backpartnerschaften anderer Art: Statt auf regionale Namen setzt der Edeka-Discounter auf landesweit bekannte Markennamen. Während Milka- und Oreo-Donuts auch schon in Supermarkt-Brötchenknasts aufgetaucht sind und Lidl dafür sogar separate Aussteller vor seinen Theken platziert …

Plastikverschalte Milka-Donuts im Holzimitataufsteller bei Lidl; Foto: Supermarktblog

… backt Netto (ohne Hund) seit kurzem auch „Goldstück“-Butterbrötchen von Golden Toast auf, platziert Nutella-Muffins in der Auslage und warb zuletzt in Wochenprospekt und Newsletter offensiv für den neuen „Bifi-Snack“ („gefüllt mit Original Bifi“) für den „Ort, an dem du ausgezeichnetes Frühstück bekommst!“

Aldi-Süd-Partner Kamps überlegt derweil, wie sich die für den Discount angelieferte Backwarenauswahl noch verfeinern lässt. Eine Kamps-Sprecherin erklärt:

„In enger Zusammenarbeit mit ALDI reagieren wir auf die Kundenbedürfnisse und optimieren kontinuierlich das Angebot, auch saisonale Veränderungen im Sortiment sind in Planung.“

Die Ausweitung der Backzone im Lebensmitteleinzelhandel scheint also beschlossene Sache.

Danke an Oliver F. für die Fotos und Klaus für den Hinweis!


Nachtrag, 26. Mai: Supermarktblog-Leser haben Backwaren von regionalen Bäckereien inzwischen auch bei Lidl, u.a. in Rostock und München, entdeckt (siehe auch Kommentare):

In Kürze öffnet eine weitere Kasse ...?
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Rewe im Testmodus: „deli am Markt“ kommt auch auf kleinen Flächen, wechselnde Designs für „Beste Wahl“

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Bitte verwechseln Sie das nicht: „Neu-Delhi“ ist die Hauptstadt Indiens, „deli – neu!“ dagegen Rewes aktuelle Strategie, seine Supermärkte mit Snacktheken aufzuwerten. Erstere lässt Besucher auf der königlichen Promenade Rajpath vom Rashtrapati-Bhavan-Palast zum India Gate promenieren. Die zweite lockt Günstigspeiser an der Leberkäsvitrine vorbei zur Bepilgerung in die angedockte Aufbackallee.

Und zwar nicht nur unabhängig vom neuen Ladendesign, das Rewe derzeit in mehreren Varianten testet. Sondern auch in Märkten, die eigentlich nicht viel Platz zu verschenken haben.

Zum Beispiel im neuen Rewe City, der vergangene Woche in Halle an der Saale auf übersichtlichen 1000 Quadratmetern mitten in der Stadt eröffnet hat (siehe Supermarktblog) – noch im alten Rewe-Ladendesign, das im Vergleich mit den deutlich rausgeputzten Testläden drinnen ziemlich fossil und dröge aussieht.


Schon am Eingang wirbt Rewe für das eingebaute Thekenbistro „deli am Markt“, das die bekannte eingeschränkte Speisenauswahl zu Discount-Kampfpreisen bereithält: Pasta für 3 Euro, Burger für 2 Euro, Bockwurst, Boulette und Leberkäs für 1 Euro. Günstiger geht nicht, leckerer schon. Aber offensichtlich sind die „deli“-Austüftler der Meinung, mit dem Billig-Lunch Kunden anlocken zu können. (Auch wenn das, ich wiederhole mich da gerne öfter, ü-ber-haupt nicht zum Nachhaltigkeits-, Öko- und Qualitäts-Image passt, um das sich die Supermarktkette sonst bemüht.)

Vor allem scheint sich die Idee durchzusetzen, den mit Aufbackwaren befüllten Brötchenknast von der Ladenfläche an den Eingang zu holen und dort mit dem „deli“ zusammenzulegen. Das spart Personalgerenne. Und die Kunden sind’s ja eh gewöhnt, Backwaren vor bzw. hinter der Kasse zu kriegen – nur halt nicht mehr in Bedienung vom Bäcker (bzw. „Bäcker“), sondern im Selbstangelverfahren aus der Gitterzelle.

In Halle ist der Übergang von der Theke zur Brötchenzuchtanstalt besonders anschaulich umgesetzt:

Das mag praktisch sein für alle, die nicht viel einkaufen wollen. Ob sich Rewe aber einen Gefallen damit tut, Kunden erst mit Niedrigpreis-Mittagessen anzulocken, und sie dann nicht mal mehr für Zusatzkäufe durch den Laden zu lotsen, ist eine andere Sache.

Und wenn die Kette weiter damit ernst genommen werden will, dass ihr ehrlich etwas daran liegt, unnötiges Plastik beim Einkauf zu vermeiden (wie mit der Abschaffung der Plastiktüten bzw. der Suche nach alternativen Verpackungen bei Obst und Gemüse), wäre es notwendig, Milka-Schokoladen-Donuts im Brötchenknast nicht mehr ausschließlich im plastikverschalten Vorratspack anzubieten. (Weil das nämlich die übrigen Bemühungen unglaubwürdig erscheinen lässt.)

Wie sehr Rewe sich derzeit im Testmodus befindet, belegt auch die Neugestaltung der Eigenmarke „Beste Wahl“, die gerade ihre Barockheit abgewöhnt kriegt. Neu gestaltete Pizzakartons ließen bereits vor einigen Wochen erahnen, dass das neue Design bunter und weniger streng ausfallen wird (siehe Supermarktblog).

Ganz zufrieden war man in Köln damit aber wohl noch nicht.

In der Tiefkühltruhe sind seitdem weitere Design-Varianten aufgetaucht, die darauf schließen lassen, dass die Neugestaltung entweder als fließender Prozess gestaltet ist. Oder dass man sich am Rivalen Edeka orientiert, der sich bei seiner Mittelmarke „Edeka“ erst gar nicht mehr auf ein einheitliches Design festlegt, sondern die Produkte je nach Sortiment unterschiedlich peppig verpackt.

Rewes Beste-Wahl-„Carne Steinofenpizza“ sieht auf Holzoptik foodgestyled jedenfalls schon wieder deutlich weniger nach dem knallbunten Penny-Discount-Design aus, das die Tiefkühlgeschwister daneben umhüllt.

Auch das neue Marken-Logo ist nochmal leicht angepasst worden. Der rote Blob durfte bleiben, unter dem Rewe-Schriftzug steht „BESTE WAHL“ nun aber in Großbuchstaben – jedenfalls auf den ebenfalls neu designten Müsli-Packungen, die ebenfalls auf Einheitlichkeit pfeifen (auf dem Foto: neu, alt, neu, neu).

Die Chancen, dass es zumindest bei der jetzigen Logo-Variante bleibt, stehen vermutlich nicht schlecht. Zumindest hat Rewe sie bereits in sein Eigenmarken-Erklärensemble aufgenommen, das von der Marktdecke baumelt und auf einen Blick einordnen soll, wodurch sich die unterschiedlichen Marken auszeichnen (Rewe Bio – „natürlich“, Rewe to Go – „schnell“, Rewe Regional – „nah“, ja! – „günstig“, Rewe Beste Wahl – „vielfältig“, Rewe Feine Welt – „besonders“).

Danke an Cheval A. und Marcel P. für die Hinweise!

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Penny, Lidl & Amazon: Bio-Kooperation, Bio-Bremse und Bio-Umkehr

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🍞 Penny kooperiert für Backwaren erstmals mit regionaler Bio-Bäckerei

Im Wettbewerb um den attraktivsten Brötchenknast im deutschen Discount haben zuletzt lange die beiden Aldis den Ton angegeben. Und zwar dank ihrer Kooperation mit regionalen Bäckereien, die Standorte der Discounter mit ihren eigenen Backkreationen beliefern, um sie dort über die SB-Backstationen zu verkaufen.

Aldi Süd arbeitet für „Meine „Backwelt“ nach eigenen Angaben inzwischen mit über 70 regionalen Bäckereien zusammen, die mehr als 1.950 Filialen versorgen. Aldi Nord kooperiert mittlerweile mit 74 regionalen Bäckern, die rund 1.310 Filialen mit frischen Backwaren ansteuern. Dabei werden etwa zehn Artikel aus dem Standard-Backwarensortiment durch lokale Varianten ersetzt.

Wettbewerber Lidl versuchte sich vor einiger Zeit an einer ähnlichen Initiative (siehe Supermarktblog), über deren Weiterführung (mir) allerdings nichts bekannt ist.

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Penny folgte 2022: Mittlerweile umfasse das standortspezifische Angebot, das von regionalen Bäckerei-Partnern stamme, bis zu zwölf Artikel, heißt es aus Köln. Bundesweit biete „ein gutes Drittel der 2.140 PENNY Märke bereits ein entsprechendes Sortiment regionaler Bäcker“ an. Eine Kooperation gebe es derzeit „mit knapp zwei Dutzend regionalen Bäckern“. Man sehe „bei Backwaren eine starke Verbundenheit unserer Kund:innen mit lokalen Bäckern“. Da sich Penny als „Discounter der Nachbarschaft“ positioniere, sei es „nur folgerichtig, ein entsprechendes Angebot zu machen“.

Nun zündet die Rewe-Tochter die nächste Stufe im Aufbackwettbewerb: An und in Berliner Filialen wirbt Penny derzeit für Backwaren, die erstmals von einer regionalen Bio-Bäckerei aus Berlin-Kreuzberg und Neukölln zugeliefert werden:

„Hier in Bio: Tradition aus der Region. Für uns backt die Bio-Bäckerei Beumer Lutum.“

In dem von mir besuchten Markt standen innerhalb der „Bäckerkrönung“-Aufbackstation zwölf Artikel zur Verfügung – außer klassischen Backwaren wie Brot und Brötchen vor allem Snacks und Süßgebäck: Bio Tomaten-Paprikatasche, Bio Pesto-Vesperstange, Bio Schoko-Brioche, Bio Ferkelohr.

Dafür hat der Discounter ein komplettes Drittel seines Brötchenknasts freigeräumt; die Waren sind mit knallgrünen Preisschildern hervorgehoben. Darüber weist (wie bei Aldi) ein Schild auf die Herkunft der Backwaren hin.

Einerseits hebt man sich mit diesem Angebot von Aldi und Lidl ab, die zwar auch Bio-Backwaren in ihren Stationen führen, aber in sehr viel übersichtlicherer Auswahl (und – noch – ohne Partner). Andererseits könnten die Preise der Backartikel von Beumer Lutum, die deutlich über denen des übrigen Penny-Aufbacksortiments liegen, gerade auf Discount-Kund:innen eher abschreckend wirken (z.B. 3,79 Euro für ein Bio-Abendbrot statt 99 Cent bis 1,99 Euro fürs konventionelle).

Einem Penny-Sprecher zufolge handele es sich bei Beumer Lutum um den „ersten regionalen Bäcker mit Bio-Kompetenz“, mit dem Penny kooperiere. „Der Start war sehr erfolgreich.“ Eine „abschreckende“ Wirkung der Preise für regionalen Backwaren habe man bislang „nicht feststellen“ können.

Danke an Stefan!


🥦 Lidl tastet sich mit seinem Bio-Sortiment nur vorsichtig voran

Bei Lidl scheint die Bio-Begeisterung derweil zu stagnieren – zumindest im Standardsortiment. Wie sich dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht des Discounters entnehmen lässt, reduzierte sich die Anzahl der regulär verfügbaren Bio-Artikel im Geschäftsjahr 2023 leicht um 2,5 Prozent von 399 auf 389 Artikel. Im (nur zeitweise verfügbaren) Aktionssortiment Food stieg die Anzahl der Bio-Artikel derweil um 9,5 Prozent von 189 auf 207 Artikel durch neue Produkte wie Muttersäfte, Vollkorngnocchi oder Reiswaffeln.

Lidl scheint demnach besser damit zu fahren, ein erweitertes Bio-Sortiment nur aktionsweise zu verkaufen, anstatt damit reguläre Regalplätze zu belegen.

Auch das Bioland-Sortiment, das die Handelskette gerne offensiv bewirbt, entwickelt sich ähnlich. Im Dauersortiment wurden 111 Bioland-Artikel geführt, was einer Reduktion um 4,3 Prozent entspricht – diese liegt vor allem an einer Anpassung im Obst- und Gemüsesortiment. Trotz der Rückgänge verfolgt Lidl weiterhin das Ziel, bis 2025 mindestens 10 Prozent des Festsortiments als Bio- bzw. Bioland-Lebensmittel anzubieten. Mit einem aktuellen Anteil von 9,3 Prozent sei man diesem Ziel bereits sehr nahe, heißt es.

Die „Lebensmittel Zeitung“ hatte zuerst über die Entwicklung berichtet.


🏪 Amazon Grocery soll Whole-Foods-Kund:innen von Walmart fernhalten

Und dann ist da noch Amazon, das sich bei seiner Transformation zum Lebensmitteleinzelhändler dank ständiger Strategieanpassungen weiterhin höchst effektiv selbst im Weg steht. Umso interessanter ist das, was sich gerade in Chicago tut.

Dort hat der Handelsriese gerade ein neues Minisupermarkt-Konzept unter dem Namen „Amazon Grocery“ eröffnet. Der gerade mal 350 Quadratmeter große Laden befindet sich im Erdgeschoss eines Hochhauses, in dem auch eine Filiale der von Amazon übernommenen Beinahe-Biokette Whole Foods Market untergebracht ist. (Draußen hängen die Schilder der beiden Ketten direkt übereinander.)

Er führt etwa 3.500 Produkte und richtet sich laut Amazon an Whole Foods-Kund:innen, die zusätzlich konventionelle Markenprodukte und Haushaltsartikel kaufen möchten. Im Sortiment finden sich Marken wie Coca-Cola, Fritos und Folgers Kaffee – allesamt Produkte, die Whole Foods bisher ganz bewusst nicht anbietet, weil sie bestimmte Zusatzstoffe oder künstliche Süßungsmittel beinhalten.

Gleichzeitig will Amazon Whole-Foods-Kund:innen, die diese Marken trotzdem kaufen wollen, künftig nicht mehr einfach zur Konkurrenz schicken – sondern halt: zu Amazon Grocery, das die Produkte führt, ohne dass Whole Foods seine bisherigen Prinzipien aufgeben muss.

Das könnte ein Zwischenschritt sein, um die Amazon-Supermarktformate künftig näher aneinander rücken zu lassen. Anfang Oktober hatte der Konzern angekündigt, in 26 Filialen seiner regulären Amazon-Fresh-Supermärkte auch Whole Foods-Produkte anzubieten. Zudem soll in Pennsylvania das erste automatisierte Micro-Fulfillment-Center in einem Whole Foods entstehen, das auch Bestellungen von Amazon Fresh und Amazon.com abwickelt.

Da läge es nahe, Amazon Grocery bloß als Zwischenlösung zu nutzen – und, je nach Akzeptanz der Kund:innen, bald auch in regulären Whole-Foods-Märkten mehr konventionelle Artikel anzubieten, quasi eine umgekehrte Bio-Bewegung.

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